1. Der Ort
Bad Königshofen ist eine Stadt im Grabfeld an der bayerisch-thüringischen Landesgrenze nordwestlich von Coburg gelegen, von der Größe her vergleichbar mit Falkenstein oder Markneukirchen. Die Therme zieht mit ihrem naturbelassenen Heilwassersee zahlreiche Besucher und Kurgäste an, das Mineralwasser wirkt besonders förderlich auf Bewegungsapparat, Haut und Atmung (Quelle frankentherme.de ). Auch die Landschaft ähnelt dem unteren Vogtland mit weichem hügeligem Terrain.
2. Der Wettkampf
Vor den letzten 3 Runden lagen Titelverteidiger SK Schwäbisch Hall, der Hamburger SK und Die OSG Baden-Baden an der Spitze, gefolgt von den Schachmiezen, der Gastgebermannschaft und der Solinger SG. Mehrere direkte Vergleiche dieser ließen auf spannende Matches hoffen und so kam es auch. In der letzten Runde gewannen die Titelverteidigerinnen den Showdown gegen Baden-Baden und wurden erneut Deutscher Frauenmannschaftsmeister. Ergebnisse und Tabelle hier.
3. Die Miezen
Das Wochenende begann für den Schachmiezen-Organisator Wolfgang Michael Schwarzer (Gerne auch WMS genannt) schon am Donnerstag mit einer Überraschung. Er wurde für sein Lebenswerk durch den SVS-Präsidenten Andre Martin mit der Ehrennadel des SVS in Gold geehrt. Seit 1993 spielen die Rodewischer Schachmiezen ununterbrochen in Deutschlands höchster Liga, jetzt schon nur noch von den Miezen selbst zu toppen.
Sportlich ging es gegen drei ebenbürtige oder bessere Teams, das Ziel war einfach, das Mögliche herauszuholen. Mit am Ende zwei Siegen und einer Niederlage gelang das recht ordentlich. Mit dem sonnabendlichen Sieg über den Hamburger SK konnte sogar in den Kampf um den Titel eingegriffen werden, was beim abendlichen gemeinsamen Essen fast aller Manschaften von mehreren Mannschaftsführern anderer Teams gewürdigt wurde.
Am Ende der Saison steht ein 5. Platz, angesichts von 8 Mannschaftssiegen etwas unglücklich. 16 Punkte reichen normalerweise für eine Medaille (vgl. Endergebnis von SK König I ). Aber es kam kein Gram auf.
Die Einzelergebnisse der Spielerinnen sind hier:
4. Die Atmosphäre
Der große Kursaal der Frankentherme bot richtig gute Spielbedingungen, eines Finales mehr als würdig. Viel Auslauf, große Einzeltische, ausreichend Platz für die Schiedsrichterinnen und die Turnierleitung. Voll klimatisiert und schallgeschützt überstand man sogar das sonntägliche Kurkonzert direkt vor dem Eingang.
Der einzige Punkt, zu dem Diskussion aufkam, hängt mit der für mich neuen Funktion der Anticheating-Beauftragten zusammen. Meiner Meinung ist es schwer, ja eigentlich unmöglich, einen von krimineller Energie getriebenen Cheater durch gezielte Maßnahmen zu erwischen. Dann eher im Rahmen von Zufallskontrollen, denn alle Sportlerinnen vor Beginn der Runde zu überprüfen kann es ja auch nicht sein. Das in Bad Königshofen betriebene Konzentrieren auf Handys, deren Vorhandensein oder Tonabgabe, auch bei den Zuschauern und Helfern, ist machbar, aber kein professioneller Cheater wird heute noch sowas nutzen. Das ist nicht nur meine alleinige Meinung. Außerdem verfügt so ein Gerät neben der Nutzung zu amateurhaftem Betrügen auch über sinnvolle Einsatzmöglichkeiten, vor allem, bei der schnellen Lösung von Problemen aller Art behilflich zu sein. Insbesondere wenn es um die Gesundheit geht. Ich sehe derzeit nur die pausenlose Überwachung von Gestik und Mimik der Spielenden mit Hilfe von Kameras im Turnierareal und deren simultane Analyse durch eine KI als Variante der Abschreckung. Bloß das ist praktisch undurchsetzbar, sowas machen derzeit nicht mal die Weltmeister der Bevölkerungsüberwachung.
5. Die Macher
Wieviel Aufwand ist nötig, eine solche Veranstaltung auf die Beine zu stellen? Jürgen Müller, der Vorsitzende des SC 1957 Bad Königshofen, beziffert den Aufwand mit etwa 1000 Stunden, die vom Organisationsteam geleistet wurden. Begonnen mit der langfristigen Miete des Saals über unzählige Gespräche mit Politikern, Sponsoren, Teilnehmern oder interessierten Unbeteiligten bis hin zum Endspurt ab Donnerstag morgen.
Es wären zuletzt 20-Stunden-Arbeitstage gewesen. sagt Jürgen Müller. Denn als alles organisiert war und die Realisierung in der finalen Phase, kamen die unerwarteten Ärgernisse. So hielt plötzliches Ausbrechen von Röteln 5 engagierte Helferinnen im Bereich der Versorgung ab Freitag vom Turnier fern. Da mußte kurzfristig komplett umdisponiert werden, es ist gelungen. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag sorgte ein Gewitter für einen dreistündigen Stromausfall. In dessen Folge gelang es am Freitag nicht, die Liveübertragung zu ermöglichen. Das war dann ab Sonnabend gewährleistet.
Die Freitagsrunde wurde um 16.00 Uhr gestartet. Dadurch würde es für die Teams schwierig werden, nach 21 Uhr noch Essen in den Gaststätten der Stadt zu bekommen. Was tun? Die Königshofener Crew organisierte Grillgut aller Art und veranstaltete einen Grillabend direkt vor der Therme. Am Grill auch der Vorsitzende. Am Sonnabend trafen sich fast alle Mannschaften im historischen Schlundhaus zu einem von der Stadt gesponserten gemeinsamen Abendessen.
Für die Spielerinnen und Betreuer war während der Runden gastronomische Betreuung mit Kaffee und alkoholfreien Getränken sowie Snacks gefordert. Das Königshofener Angebot erinnerte eher an ein kaltes Buffet eines Sternehotels. Ein sehr hohes Level, das künftige Ausrichter erstmal erreichen müssen.
Eine rundum gelungene Veranstaltung über 3 Tage. Trotzdem ist Jürgen Müller nicht komplett zufrieden. Da wäre zuerst die Beteiligung der Verantwortlichen des Deutschen Schachbundes, die man irgendwo in der Nähe von Null einordnen kann. Es gab einen finanziellen Zuschuß, der zusammen mit dem Verkauf von 18 Dauereintrittskarten zu je 25 Euro für die Kosten der Saalmiete reichte. Während der 3 Tage wurde kein einziges Präsidiumsmitglied in Bad Königshofen gesehen, angesichts der Bedeutung der zentralen Endrunde unwürdig. Einzig Sandra Schmidt, die unermüdlich Interviews führte und Videos fertigte, war im Auftrag des DSB vor Ort. Die Referentin für Frauenschach Nadja Jussupov war als Anti-Cheating-Beauftragte und Schiedsrichterin eingesetzt. Müller fragt sich, ob das in der Satzung obenan stehende Ziel der Förderung des Schachs nicht besser erreicht wierden kann, wenn zur Eröffnung des Bundesligafinales neben dem stellvertretenden Landrat und dem Bürgermeister ein hochrangiger DSB-Funktionär stünde.
Auch hat ihn geärgert, daß die Mannschaftsführer zweier Mannschaften ihn nicht begrüßt hätten, sowas würde sich schon gehören, wenn man zu Besuch kommt. Jürgen Müller spricht in diesem Zusammenhang von einer Selbstverständlichkeit, mit der manche Vereine ein hohes Niveau derartiger Veranstaltungen voraussetzen und sich bisweilen etwas über die anderen erheben. (Aber so eine Veranstaltung niemals selbst auf diesem Niveau organisieren könnten, möchte ich ergänzen). Es wäre ebenfalls nicht Pflicht, vor dem Verlassen des Turnierareals die Handtasche nochmal mit Getränken und Speisen zu füllen. Das macht man sonst auch nur, wenn der Gastgeber explizit dazu auffordert. Sehr gekränkt haben ihn abfällige Bemerkungen, weil die Freitagsübertragung im Netz nicht zustande kam. Das wäre zuweilen schwer unter der Gürtellinie gewesen.
Auf die Frage, ob er denn wieder einmal eine zentrale Endrunde organisieren werde, bleibt die Antwort offen. Erstmal erholen, danach in Ruhe auswerten. Zu mehr ist Jürgen Müller am Sonntagvormittag nicht bereit. Wer kann es ihm verdenken.
6. Randnotizen
Zum Ende noch ein paar Dinge, die mir im Laufe der drei Tage aufgefallen sind.
Ich hatte eigentlich auch den Frauenbundestrainer in Bad Königshofen erwartet. Der komplette Frauen- A- und B-Kader war vor Ort, die Zeit bis zur Nominierung der Mannschaft für die Olympiade ist fast vorbei. Aber ich habe mich geirrt.
Im Gegensatz zum Nationalkader war vom Nachwuchskader niemand vor Ort. Zufall oder falsche Mannschaft? Das ändert sich nächste Saison, wenn der SC Peglau die Bundesliga rockt.
Zum Ende noch ein Bild. Am Sonnabend kam zeitgleich mit mir Laura Unuk auf dem Parkplatz an. Eventuell direkt aus Slowenien, um dem TuRa Harksheide im Kampf um den Klassenerhalt beizustehen – hat auch geklappt. Schaut euch aber mal ihr Auto an.
Epilog; Am Sonnabend, dem 7. September, beteiligen sich die Miezen wieder am Rodewischer Stadtfest. Vormittags ein Zwei-Spieler-Mannschafts-Rapid, nachmittags spielt Martina Korenova simultan.