Erfurt ist das Ziel des Schachbundesligisten SK König Plauen für die zweite Doppelrunde. Doch in Erfurt gibt es an diesem Wochenende eine Neuerung: Erstmalig werden gleich drei Begegnungen ausgetragen. Neben den „normalen" Kämpfen am Samstag gegen die Stuttgarter Schachfreunde und Sonntag gegen Ex-Reisepartner TV Tegernsee ziehen die ostdeutschen Vereine ihr Einzelmatch vor und bringen dies bereits am Freitag ab 16.00 Uhr zur Austragung. Damit spart man eine ganze Reihe Fahrtkosten. Ob das im Nachhinein auch ein sportliches Plus bringt, bleibt abzuwarten. Denn wegen der am Sonntag in Moskau beginnenden Einzelweltmeisterschaft fehlt die Creme des Schachs bei der Bundesliga. Titelverteidiger Lübeck muss gleich auf 5 Spieler verzichten, die Verfolger Köln-Porz und Solingen, die pikanterweise am Samstag aufeinander treffen, auf je vier Stammspieler. Die Unfähigkeit fauler Funktionäre des Deutschen Schachbunds machte selbst eine beantragte Verlegung der gesamten Runde unmöglich. Auch Plauen ist durch den Ausfall von Alexander Beliavsky und Jacek Gdanski sowie Bundestrainer Uwe Bönsch arg geschwächt. Etwas besser ergeht es Erfurt, aus deren Team Thomas Luther und Elisabeth Pähtz in Moskau an den Start gehen. Bei Tegernsee fehlt Spitzenbrett Khenkin, Stuttgart bleibt von Ausfällen verschont. Ist es da falsch, von organisierter Wettbewerbsverzerrung zu sprechen? Auf alle Fälle ist der sportliche Wert stark gemindert, auch die Zuschauer im Erfurter LEG-Bürohaus am Domplatz hätten mehr Weltspitze verdient. So müssen die Könige als krasse Außenseiter ihre Spiele bestreiten, nur eine Leistungssteigerung der Spieler an den hinteren Brettern kann wertvolle Punkte im Abstiegskampf sichern.
Gunter Sandner,
Mannschaftsleiter SK König Plauen
Erfurt.
Ein Funktionär wird als ein solcher bezeichnet, weil er eine Funktion auszuüben hat. Im Falle eines Funktionärs im Deutschen Schachbund (DSB) wäre dies die Organisation und Planung der Bundesliga-Saison. Wenn nun aber diese Aufgabe schlecht oder völlig planlos ausgeübt wird, ist das besondere am Funktionär, dass er seine Funktion trotzdem behalten kann. Die Kritik der Vereinssprecher an der Ansetzung der dritten und vierten Runde an diesem Wochenende verhallt also im Nichts.
Was ist passiert? Für jeden Fan einer Sportart ist die Weltmeisterschaft der Höhepunkt der Saison. Lange schon umgrenzen dicke schwarze Linien im Kalender diesen Zeitraum. Nur die DSB-Funktionäre haben genau jenen Höhepunkt völlig vergessen. Sie planten die Ansetzungen der Bundesliga, und damit die dritte und vierte Runde auf genau diesen Zeitraum. Das hat zur Folge, dass beim Deutschen Meister Lübeck die drei Spitzenbretter, beim Vizemeister Köln-Porz gar die halbe Mannschaft wegen der Teilnahme an der WM fehlt.
Auch der SK König Plauen kommt nicht ungeschoren davon. Die drei Leistungsträger GM Alexander Beliavsky, GM Jacek Gdanski und Bundestrainer GM Uwe Bönsch fallen aus. Dank der Funktionäre im DSB erwartet das "Rumpf-Oktett" nun eine schwierige Aufgabe, zumal heute die fünfte Runde zwischen Erfurt und dem SK König vorgezogen wurde.
Wegen der Ausfälle und aus ebenfalls zu beachtenden beruflichen Gründen stellt sich somit das SK-König-Team selbst auf. Am Spitzenbrett kämpft der zuletzt bärenstarke GM Klaus Bischoff. Bei der Europameisterschaft holte er 6 Punkte aus 8 Partien und erspielte eine weltmeisterliche Performance von knapp 2750. Er trug wesentlich zum Gewinn der Bronzemedaille des Deutschen Auswahlteams bei. Hinter Bischoff sitzt GM Tomasz Markowski. Dann folgen schon GM Stefan Kindermann und GM Lutz Espig. Der Rest der Mannschaft wird von der Riege der FIDE-Meister ergänzt, angeführt von FM Michael Kuraszkiewicz und FM Sven Schaller. Ihr diesjähriges Bundesliga-Debüt geben Mannschaftsführer FM Gunter Sandner und Neuzugang Ulrich Dirr. Sollte Letzterer seine erste Partie in der höchsten deutschen Spielklasse gewinnen, wollen seine ehemaligen Vereinskameraden aus Lindau den Bodensee leer trinken - spukt es zumindest aus der Gerüchteküche.
Zum Glück für die Plauener sind auch die anderen Teams von der Planlosigkeit der Funktionäre betroffen, wenngleich nicht so sehr. Bei Erfurt fallen so GM Thomas Luther am Spitzenbrett und die Nachwuchshoffnung WIM Elisabeth Pähtz am 8. Brett aus. Trotzdem dürften die Erfurter die Wettbewerbsverzerrung leichter wegstecken als die Vogtländer. "Ein Punkt muss irgendwie her", hofft Mannschaftsführer Gunter Sandner.
Zumal die Aufgabe am Wochenende eher schwerer als leichter wird. Morgen geht es gegen Aufsteiger Stuttgarter SF, der in Bestbesetzung antreten kann. Vor allem an den Brettern 5 bis 8 ist die wertzahlmäßige Unterlegenheit der "Könige" offenkundig.
Am Sonntag erwarten die Plauener den TV Tegernsee. Den Bayern fehlen wie den Erfurtern mit GM Igor Khenkin und WGM Ketino Kachiani-Gersinska die Bretter 1 und 8. Dennoch spricht die Ausgeglichenheit und Erfahrung im Team klar für Tegernsee. Auch hier wird vor allem das Ergebnis des "Unterhauses" über Sieg und Niederlage entscheiden.
"Von der völlig missratenen Planung des DSB sind wir mit am schlimmsten betroffen Ich werde mich über jeden erkämpften Punkt mächtig freuen", umreißt Sandner die Zielstellung und Aussichten der Plauener. Alle drei Spiele des SK König finden in Erfurt im LEG-Bürohaus an der Mainzerhofstraße 12 statt.
Sven Schaller
(Freie Presse, LR Plauen, 23.11.2001)
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07. August 2002.