Dunkle Wolken über Plauen
Aussichten auf den Klassenerhalt
verschwindend gering
Es ist nunmehr schon das fünfte
Jahr, in dem der Name "SK König Plauen"
in den Tabellen der 1. Schachbundesliga auftaucht.
Vier Jahre und drei Abstiege liegen hinter dem größten
Schachverein des Vogtlands. Auch wenn es sportlich nur
selten gereicht hat, im hohen Niveau der Liga mitzuhalten,
waren die Bundesligakämpfe immer ein Event für
die Plauener Schachfreunde.
Alles fing damit an, dass plötzlich
Top-100-GMs für die Spitzenstadt spielten, allen
voran Weltstar Alexander Beliavsky, einst die Nummer
3 hinter Kasparov und Karpov. An Brett 1 legte er einen
unglaublichen Score hin. Schade, dass ausgerechnet er
im entscheidenden Spiel gegen Wattenscheid die erste
Saisonniederlage einstecken musste. "Sascha"
oder "Big Al" spielt jetzt für Porz.
Dort wird er nicht mehr gegen den Abstieg spielen, sondern
versuchen, im Dreikampf mit Lübeck und Baden-Oos
den Meistertitel wieder in die Rheinmetropole zu holen.
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Neues
Brett 1:
Tomasz Markowski
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Klaus Bischoff, der ebenfalls eine entscheidende
Stütze in der Mannschaft war, der selbst an Brett
1 immer für einen halben Punkt gut war, folgt Bundestrainer
Uwe Bönsch zum Reisepartner TV Tegernsee. Es ist
äußerst fraglich, ob die Mannschaft den Weggang
der beiden Spitzenbretter spielerisch verkraften kann.
Doch Teamchef Gunter Sandner bleibt locker: "Ist
doch ganz klar, dann spielt halt Tomek Markowski gegen
die Super-GMs!" In der Tat ist unser polnischer
Freund die neue Hoffnung im dezimierten Achter: Vor
ein paar Monaten ließ er sensationell beim landesweiten
Championat sämtliche Konkurrenten um mindestens
2,5 Punkte hinter sich und wurde souveräner polnischer
Meister. Der 28-Jährige überzeugte zudem bei
einigen gut besetzten Open und steigerte seine Elozahl
auf über 2600.
GM Jacek Gdanski, den man in Plauen schon
aus Zweitliga-Zeiten kennt, soll im Sog von Markowski
an Brett 2 seine alte Stärke wiederfinden. Doch
auch für ihn gilt dasselbe wie für den Rest
der Mannschaft: Die Statistik wird kaum ein positives
Resultat zulassen, denn die konkurrierenden Teams sind
im Schnitt 100 bis 200 Punkte besser besetzt.
Viele Plauener Schachfans rechnen es
GM Stefan Kindermann hoch an, dass er trotz des sportlichen
Abstiegs beim SK König geblieben ist. Auch Stefan,
Teilhaber an der Chessgate AG, war immer ein zuverlässiger
Spieler und man hofft auf seine langjährige Erfahrung
in der Bundesliga. An Brett 4 spielt GM Lutz Espig,
der Bär, der Kämpfer. Mit seinen 54 Jahren
gehört er zwar nicht mehr zur deutschen Spitze,
ließ aber erst kürzlich beim Weltklasse-Open
in Pardubice aufhorchen, als er die namhafte Konkurrenz
nach 5 Runden mit 5 Siegen dominierte.
Hinter IM Viteslav Priehoda steht ein
großes Fragezeichen. Der Slowake kam einst mit
IM Lukasziewicz nach Plauen und war maßgeblich
am "Wunder von Plauen", dem Aufstieg in die
2. und 1. Liga beteiligt. Offiziell war er nie abgemeldet,
doch seine letzte Partie für Plauen liegt einige
Jahre zurück. Ob und wie oft er zum Einsatz kommt,
wird sich wohl noch zeigen.
FM Gunter Sandner wird sich an Brett
6 sicherlich nur selten wohlfühlen. Denn 2300 Elopunkte
sind dafür eigentlich zu wenig. Immerhin war Gunter
letztes Jahr für drei Siege gut – zwei davon
ebenfalls am 6. Brett. Hinter ihm nimmt FM Stephan Haskamp
Platz, der die Position von FM Oliver Brendel übernimmt,
welcher uns in Richtung Aufsteiger SV Hofheim verließ.
Die Stammaufstellung komplettiert FM Michael Kuraszkiewicz,
der vor zwei Jahren immerhin schon eine IM-Norm erspielte!
FM Ulrich Dirr und FM Roland Pfretzschner
wissen wohl selbst um ihre Chancen in der Bundesliga.
Besonders für Roland lief es in den letzten Monaten
eher ungünstig. Selbst in der Oberliga hatte er
Probleme. Großmeisterbruder Thomas Espig ist der
einzige offizielle Neuzugang. Seine Elozahl gilt als
inaktiv, und er taucht in keiner DWZ-Liste auf. In Plauen
kennt man ihn zwar von einigen Blitzturnieren, doch
ob er sich im Kreise der erweiterten Weltspitze behaupten
kann, muss offen bleiben.
Die Bretter 12 bis 16 sind wohl die eiserne
Notfallreserve. Aber wenn es schlimm kommt, dürfen
Andreas Götz und Mathias Paul vielleicht doch noch
einmal Bundesligaluft schnuppern. Ein Schmunzeln ist
die Nominierung von Vereinspräsident Peter Paul
(DWZ 1773) wert, dennoch liegt ein Vorteil auf der Hand:
Als Fahrer darf er im Ernstfall immer mitspielen, bevor
wegen eines plötzlichen Ausfalls eine hohe Geldstrafe
gezahlt werden muss.
Seit letztem Jahr gibt es in der Bundesliga
die Regelung mit den Jugendbrettern. Gunter Sandner
hat neben Matthias Hörr, dessen glanzvolles Debüt
gegen Emsdetten wohl unvergessen bleibt, auch Lion Pfeufer
nominiert. Beide nehmen mit der U20-Mannschaft im Dezember
an den Deutschen Vereinsmeisterschaften teil und können
vielleicht auf den ein oder anderen Einsatz hoffen.
Die Devise für die Plauener Mannschaft
ist klar: "Augen zu und durch!" Der Kreis
der potentiell schlagbaren Gegner beschränkt sich
auf ein Terzett: Die Aufsteiger Hofheim und St. Ingbert
und die finanziell angeschlagenen Stuttgarter Schachfreunde.
Wo da die entscheidenden Punkte für den Klassenerhalt
herkommen sollen, erscheint unter den derzeitigen Umständen
schleierhaft, aber wer weiß, was sich bis April
2004 schon wieder alles geändert hat.
Alle vogtländischen, thüringischen
und fränkischen Schachfans sollten auf jeden Fall
die Chance nutzen und am 13./14. Dezember und 27./28.
März im Rathaussaal vorbeischauen, wenn die
Bundesliga hoffentlich nicht zum letzten Mal in Plauen
Station macht.
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