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Klassenunterschied. Über
Treffer und Fehlschüsse
Wie der SK König
und der VSC in der 1. Landesklasse den Tabellenrahmen
bauten

Dass es so schnell wieder ein Stadtderby
geben würde, war beim Foxtrott
tanzenden Ausblick vor knapp zwei Jahren noch nicht
zu erkennen, die Zeitkarte lag damals noch sehr unsicher
drin, aber dass es sich das nächste Mal alles
noch viel tiefer abspielen würde, nicht mehr in
der Sachsenliga, sondern in der ersten Landesklasse,
war treffsicherer Bestandteil der selbst erfüllten
Prophezeiung. Der Treffer hatte sich seitdem
nicht verändert, strahlte ein verlässliches
Maß alte Schule aus: ein konspirativer
Hauch, der hier ganz reizend ins Morbide spielt,
so dass es den Blinden wieder sehend macht, den Gast
schon an der Eingangstür, die ewig verschlossen
wirkt, also beim Eintritt trifft und schließlich
in einen Rastenden verwandelt, der Erinnerungen auswirft.
Eingedeckt und serviert wurde im großen
Saal, beide Mannschaften präsentierten sich nahezu
in Bestbesetzung, wobei die nominelle Favorisierung
der Könige dieses Mal unterbrochen wurde, wenn
auch nur am achten Brett. (So einen Ersatzspieler
wünscht man sich, der jederzeit in der Lage ist,
mit leichter Hand gegen die vor ihm spielenden Bretter
simultan zu servieren.)
Am vierten Brett zeichneten sich früh
deutliche Stellungsunterschiede ab. Während sich
Andreas Götz einen schwarzen Tee bestellte, noch
einmal prüfte, wie lange wohl der gegnerische König
in der luftigen Mitte gehalten werden könne, wurde
auf der anderen Seite des Schachbrettes immer wieder
einmal periodisch Tabak durch die Nase gezogen, der
Hippokampus so richtig durchgeblasen (pulverisierte
Rauschmittel gehörten ja zu allen Zeiten zur Lebensführung
der Boheme), um zu ergründen, warum, kaum der Aljechin-Verteidigung
ausgewichen zu sein, das nahtlose Grollen folgte, das
anhielt, als Sergej Lozovoy am ersten Brett remisierte,
unzufrieden, dass aus der Eröffnung gegen Stefan
Merkel nicht mehr herauszuholen war. "Ich hab'
bisher nur Taktik gemacht, aber Taktik ist Scheiße."
Präziser lässt es sich kaum formulieren, wenn
die Partieanlage ungeduldig mahnt, noch einmal von vorn
zu beginnen, sich endlich einmal der Eröffnung
an den Hals zu werfen, theoretisch zumindest.
Die ist wiederum ganz Lion Pfeufers Sache.
Frank Bicker dachte lange, er hielte wenigstens das
Gleichgewicht, ganz getragen seine Züge, aber viel
stärker als dessen abwegiger Springer erwies sich
der zentralisierte Pfeufer-Läufer, nachfolgende
Donnerschläge in die Trutzburg, und alles war sehr
schnell vorüber, ließ kaum Zeit zur Beobachtung
- die frühe Führung für den SK König.
Dass anschließend Mario Tunger den Vorsprung ausbauen
würde, gehörte zu den wenigen Überraschungsmomenten
dieser Sonntags-Treffer-Begegnung, nachdem der Angriff
auf seines Gegners Königsflügel verpuffte,
schließlich die Damen getauscht wurden, der Kaffee
ein wenig lau zu werden drohte; dann aber ein rüder
Kopfschüttelzug in lockerer Fesslung das Geschehen
einzügig entschied. Nicht vor der Zeitnot, aber
vor dem Kontrollzug beendete Christof Beyer seine Partie.
Zwar hatte er nach einem heißen Gefecht im Mittelspiel
einen Turm mehr, aber keine Gelegenheit, der forcierten
Abwicklung ins Dauerschach zu entkommen. (Auch die nachträgliche
Rudelanalyse vermochte daran nichts mehr zu ändern.)
Währenddessen teilte Theresa Reh den Punkt mit
Andreas Guhl im Endspiel, und als Andreas Götz
seine Mehrfigur verwertete, war zwar das Plauener Match
bereits entschieden, 4½:1½, aber der Rauch
noch nicht verflogen. Christian Hörr musste gegen
Stefan Schulze in einem Bauernendspiel - ausgerechnet
kurz vor dem Blättchenfall - den richtigen Zug
finden. Was passiert wäre, wenn der weiße
König nach d3 zurückgekehrt wäre, anstatt
auf b5 dem leichten Bauernschmaus zu verfallen, ob also
simpel in diesem Zusammenhang sogar superlativiert
werden muss, bleibt trotz entschiedener Nachbetrachtung
dennoch nur unentschieden. 5:3 soll es zu diesem Zeitpunkt
gestanden haben, aber Etienne Engelhardt hatte seine
Züge noch nicht alle gemacht. So ein Läufer-gegen-Springer-Endspiel
hält manchmal auch einen Doppelbauer aus. Nicht
im Gewinnsinne, aber verlieren wollten die Könige
auch in diesem Jahr keine Partie.
Nach dem dritten Sieg in Folge gewinnt
das Team drei Punkte, zwei Punkte nach dem eigenen Erfolg
- und einen zusätzlichen dritten Punkt durch das
überraschende 4:4 der Dritten gegen den bis dahin
verlustpunktfreien Tabellenführer Wilkau-Haßlau,
und klopft an der Tabellenspitze.
Das Südstraßenstrategiepapier
konnte bis jetzt jedenfalls noch nicht widerlegt werden.
Und wenn die Dritte nicht fingerdick Hornhaut auf der
Seele hat, gibt sie beiden Plauener Schachvereinen nach
dieser Saison eine gemeinsame Chance, dass auf das nächste
Stadtderby nicht erst wieder zwei lange Jahre gewartet
werden muss. Draußen gibt es nämlich nur
noch Kännchen. Das Konspirative ist eben einfach
die Krone.
Fast wäre der überraschende
4½:3½-Erfolg der fünfen Mannschaft
unter den Tisch gefallen. Im Roten Zimmer des
Treffers wurde die zweite VSC-Auswahl ratz fatz gefoldet.
Wann taucht eigentlich Felix Zeuner in Peter Lubans
Spielerdecke auf?
VSC Plauen 1952
|
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SK König Plauen
II
|
2½
|
:
|
5½
|
Merkel,
Stefan |
1933
|
|
Lozovoy,
Sergej |
1976
|
½
|
:
|
½
|
Bicker,
Frank |
1991
|
|
Pfeufer,
Lion |
2014
|
0
|
:
|
1
|
Ananev,
Vaceslav |
1839
|
|
Engelhardt,
Etienne |
1911
|
½
|
:
|
½
|
Kadner,
Siegfried |
1955
|
|
Götz,
Andreas |
2053
|
0
|
:
|
1
|
Schulze,
Stefan |
1808
|
|
Hörr,
Christian |
1913
|
½
|
:
|
½
|
Juntke,
Steffen |
1682
|
|
Tunger,
Mario |
1872
|
0
|
:
|
1
|
Guhl,
Andreas |
1636
|
|
Reh,
Theresa |
1770
|
½
|
:
|
½
|
Klassen,
Alexander |
2210
|
|
Beyer,
Christof |
1990
|
½
|
:
|
½
|
|
|