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Das mandolinenförmige Mufte-Maholy-Fraktal
oder über die Korngröße beim Sandsieben
"Man muss abwarten können.
Die Neugierde ist der Tod der Freude." (Erich
Kästner)
"Das war heute meine beste Partie
vom ganzen Jahr." (Sergej Lozovoy)

Dass der Mufte Maholy für
immer ein Mufte Maholy bleiben würde, das
hatte Peter Luban mit Hilfe seines Referenzmodells Schichtung
der Zeit jahrelang praktisch beobachtet.
Aus mehrfach verzweigten mandolinenförmigen
Apfellinien erzeugte er zunächst gekrümmte
Flächengebilde, die er anschließend polymorph
miteinander verschnitt, um schließlich einander
bedingende Körper- und Geistesmerkmale gewölbt
zu überhöhen oder entsprechend verflacht
sichtbar zu machen. Danach konnte es keinen Zweifel
mehr geben, dass sich ein Mufte Maholy folgerichtig
nur als ein solcher vermehren kann, bis daraus wiederum
selbstähnliche unzählige kleine Mufte-Maholy-Exemplare
entstehen, wenn man nämlich im Leben gar nichts
gelernt hat, allenfalls ahnt, wie Sand gesiebt
wird, aber höchstens in Verbindung mit einer Nulleinser
Körnung, vielleicht noch mit einer Nulldreier,
spätestens jedoch beim Quarzsand hört es schon
wieder auf, denn der liegt tief in der Wüste, und
bis dahin gelangt so ein Mufte Maholy auf gar
keinen Fall, weil dann sein statischer Lebensentwurf
all zu leicht ins Schwitzen geraten würde. Ihm
wäre schon ein so genannter Aussteigertyp viel
zu anstrengend, denn der muss ja vorher erst einmal
drin gewesen sein, bevor er überhaupt aussteigen
kann.
Zwei unheimlich neugierigen Beobachtern
aus dem Nordsächsischen Platten- und Hügelland
war es gelungen, für einen Moment drin
zu sein, die Partie des Tabellenführers Lok Engelsdorf
gegen König Plauen in argwöhnische Beobachtung
zu nehmen. Für den SV 1919 Grimma ging es nämlich
ausgerechnet im entfernten Plauen, beim Vogtländischen
Schachclub, im Falle eines Sieges noch um den eigenen
Aufstieg, sollte Engelsdorf gleichzeitig verlieren.
Das sensible, leicht verletzliche Engelsdorfer Hausrecht
ließ für das nassforsche Grimmaer Beobachterduo
nach ganz kurzer Aufenthaltszeit nur den sofortigen
Ausstieg nach draußen zu. Im Sinne von achtkantigem
Rauswurf. Wer wie Engelsdorf selbst um den Aufstieg
kämpft, zwei Runden vor Saisonschluss über
drei Punkte Vorsprung verfügt, bei dem kann schnell
die Gelassenheit verloren gehen, gerade wenn man in
der Nachbarstaffel kurz vor Schluss schon einmal mit
drei Punkten vorn lag, ohne dass es danach für
den Aufstieg gereicht hätte. Dann hat man ständig
eine Fata Morgana vor Augen und wünscht der Konkurrenz
nichts sehnlicher als die Flut. Geradeso kann man dann
angemeldeten Besuch akzeptieren, der nachgewiesenermaßen
ausschließlich zur gegnerischen Mannschaft gehört.
Die Plauener Könige warten ja ebenfalls schon lange
auf den Aufstieg, aber seit dem Jahr 2005 erwies sich
irgendeine Sprosse auf der Aufstiegsleiter bisher immer
als viel zu dünn. Und so ging es am letzten Spieltag
eigentlich nur darum, wenigstens für den Aufstieg
in der kommenden Saison zu üben, also am besten
die alte Saison siegreich abzuschließen, und so
hätte ein schnelles 4:4 schon aus diesem Grund
den Appetit des Plauener Teamchefs auf ein feines Mittagsmahl
verdorben, auch wenn die Engelsdorfer nicht mehr wussten,
was sie ihren Gästen noch anbieten sollten, im
Augenblick, als die Konturen einer Niederlage immer
deutlicher zu erkennen waren.
Es begann alles ganz friedlich mit drei
Punkteteilungen. Mathias Paul vergab den Eröffnungsvorteil
im Kampf gegen die Königsindische Verteidigung,
als er zu ungeduldig auf der g-Linie seinen Königsflügel
aufgerissen hatte. Dass sich sein Unwohlgefühl
danach zufällig mit dem gegnerischen Remisgebot
kreuzte, kam ihm gerade recht. Christof Beyer wurde
von Dr. Sören Bär unerwartet mit der Skandinavischen
Eröffnung konfrontiert, aber nach 20 Zügen
einigten sich auch hier beide in ausgeglichener Stellung
auf ein Unentschieden. Seine häusliche Vorbereitung
bekam hingegen Lion Pfeufer aufs Brett. Gegen FIDE-Meister
Dr. Heinz Böhlig verteidigte er lange seinen Eröffnungsvorteil,
aber er bevorzugte es dann, den halben Punkt abzusichern,
statt energisch auf Gewinn zu setzen. Gegen einen FIDE-Meister
bekam auch Andreas Götz schwer zu tun, der schon
kurz nach der Eröffnung eine verlorene Position
beklagen musste. Fast zu spät bemerkte er, in welche
Eröffnung er da geraten war. Er fand sich eben
nicht im Benoni wieder, sondern in einem Damenbauernspiel,
aber plötzlich gewann er unerwartet eine Qualität
und außerdem starken Angriff auf die gelockerte
Königsstellung des Gegners. Was, das war
ein FIDE-Meister? Bei dem habe ich einfach die Mattschere
angesetzt. Der hat geguckt, als hätte er das noch
nie gesehen. Und tatsächlich brachte Andreas
Götz seinen Gegner mit Dame und Läufer
wie in einer Art Doppelpasskombination zur Verzweiflung.
Und als es auch auf dem Brett von Sergej Lozovoy plötzlich
ganz schnell ging, unbemerkt hatte er seinen Gegner
in einem taktischen Reigen ausgetanzt, lag der SK König
nach diesen beiden Schwarzsiegen aussichtsreich mit
3½:1½ in Führung. Und auch in den
restlichen Partien sah es zumeist hoffnungsvoll aus.
Der Geschlossene Sizilianer bei Christian Hörr
hatte dieses Mal eine völlig andere Qualität
als noch zuletzt gegen Lok Leipzig-Mitte. Die ganze
Partie über kontrollierte er souverän das
Geschehen, dessen nominell viel stärkerer Gegner,
Anatoli Pavlov, konnte nur um Ausgleich kämpfen.
In der zweiten Skandinavisch-Partie des Tages, zwischen
Johannes Titz und Dr. Eckhard Müller, verfügte
Johannes Titz im Turmendspiel über zwei gefährliche
Freibauern im Zentrum. Nur Etienne Engelhardt stand
positionell chancenlos da, das Turm-Springer-Endspiel
war am Ende mit zwei Bauern weniger nicht mehr zu halten.
Aber dafür hatten die Freibauern bei Johannes Titz
das Rennen gemacht. Christian Hörr konnte nun unbeschwert
seine Partie beenden, aber beruhigt war er trotzdem
nicht, hatte er doch nach feiner Vorarbeit schlicht
versäumt, auf dem Feld d6 einen Bauern wegzunehmen,
um danach endlich das so wichtige Feld e5 für ein
tödliches Schachgebot zur Verfügung zu haben.
So aber musste er sich schließlich auf ein Dauerschach
einlassen und auch die letzte Weißpartie unentschieden
ausgehen lassen. Die drei Schwarzsiege entschieden dieses
Mal das Match. Der schönste davon gelang Sergej
Lozovoy, der sich danach sofort vorstellen konnte, in
der nächsten Saison solche Partien auch am ersten
Brett zu zeigen. Aber die Pfeufersche Solidität
wiegt da sehr schwer, wohl um einiges schwerer als die
ständige Ungewissheit, ob der Lozovoysche
Sandsturm Schaden auf der fremden oder doch nur auf
der eigenen Brettseite anrichten würde.

Taktische Oase.
20.
Lxd4! 21. Td1 b5?! 22. Dxb5
Dg4
23. Sc3 Se5 24. Lxd4 Sxc4 25. Dxc4
Tac8
26. Dd3 Txc3! 27. Lxc3 Dxd1+ 01
Gegen die nominell stärkste Mannschaft,
den verdienten Aufsteiger Lok Engelsdorf, hat Plauen
zwar gewonnen, auch der Tabellenzweite aus Grimma wurde
bezwungen, die unnötige Niederlage gegen den Tabellenvorletzten,
Lok Leipzig-Mitte III, war aber bis zum Saisonende nicht
mehr wettzumachen und bleibt insofern unverzeihlich.
Zweimal auf dem zweiten Platz, nun Tabellendritter.
Fast scheint es, als haben die Könige keine Lust,
jemals groben Sand zu sieben. Wer nämlich aufsteigen
möchte, muss auch gegen den VSC gewinnen können.
Zu beobachten wird dann auf einmal lächerlich und
grotesk, sobald man sich selbst aus dem Blick verliert.
Besser also abwarten und dann freuen.

Gemeinsamer Moment
der Zweiten zum Saisonabschluss in Engelsdorf.
SV Lok Engelsdorf
|
|
SK König Plauen
|
3
|
:
|
5
|
FM
Dr. Böhlig, Heinz |
2176
|
|
Pfeufer,
Lion |
2069
|
½
|
:
|
½
|
Kürsten,
Rüdiger |
2088
|
|
Lozovoy,
Sergej |
1984
|
0
|
:
|
1
|
Dr.
Bär, Sören |
2016
|
|
Beyer,
Christof |
2003
|
½
|
:
|
½
|
FM
Taubin, Grigory |
2088
|
|
Götz,
Andreas |
2061
|
0
|
:
|
1
|
Pavlov,
Anatoli |
2070
|
|
Hörr,
Christian |
1889
|
½
|
:
|
½
|
Prof.
Dr. Prüfer, Fr. |
2058
|
|
Engelhardt,
Etienne |
1884
|
1
|
:
|
0
|
Heinsohn,
Günther |
2076
|
|
Paul,
Mathias |
2143
|
½
|
:
|
½
|
Dr.
Müller, Eckhard |
1978
|
|
Titz,
Johannes |
1956
|
0
|
:
|
1
|
|
|