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"Schach ist das schnellste Spiel der Welt, weil man in jeder Sekunde Tausende von Gedanken ordnen muss."
(Albert Einstein)
Sechzig Meter tränentief über das Ende der Welt
oder Achtung, fertig, los und lauf
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Wenn sich ein aktiver Handballer,
ein aktiver Fußballer und ein aktiver
Schachspieler in Wittenberg auf dem Sportplatz treffen,
vereint sie in diesem besonderen Fall die Gemeinsamkeit,
sich in einer der schnellsten Disziplinen der Leichtathletik
zu messen, die Ahnungslosigkeit übereinander unterscheidet
sie, den Handballer und Fußballer vom Schachspieler,
jedoch auf fatale Weise. Der 28-jährige Handballer,
Christian Jurk, und der 34-jährige Fußballer,
Hendrik van Bentum, kennen den 42-jährigen Frank
Schönfeld nämlich nur als Schachspieler und
wissen von der großen Legende, die besagt, dass
er, der Schachspieler, vor ungefähr dreißig
Jahren seine Turnhose und seine Laufschuhe verschenkt
habe, nachdem er das letzte Mal die sechzig Meter
gerannt war, und also seitdem halten sie nur noch etwas
von seinen Qualitäten als Schachspieler, als Leichtathlet
dagegen hätte er keine Kondition mehr, 10,1
Sekunden auf dieser kurzen Sprintstrecke würden
sie ihm allenfalls noch zubilligen, eine Zeit darunter
sei für den Schachspieler ausgeschlossen, so der
Handballer und der Fußballer, weil er, der Schachspieler,
vor allem alt sei, sie erkennen in ihm nicht
das schlummernde böse Tier der Leichtfüßigkeit,
das sie, der Handballer und der Fußballer,
in ihrem größten Hochmut, in ihrer größten
Torheit auf das Rücksichtsloseste geweckt haben,
das nicht nur ruhig auf dem Stuhl sitzen kann,
um beim schnellsten Spiel der Welt die Gedanken zu ordnen,
sondern das immer noch in der Lage ist zu explodieren,
beim 60-Meter-Lauf jeden Startblock zu deformieren,
die 7,3 Sekunden von einst, in der Nähe des damaligen
Frauenrekords, werden zwar nicht mehr zu schaffen sein,
aber darum geht es auch gar nicht, denn dass er, der
Schachspieler, gewinnen wird, daran besteht überhaupt
kein Zweifel. Das Einzige, was Frank Schönfeld
an diesem Rennen noch interessant findet, warum er also
eigentlich gegen das abzuhängende Volkssportprekariat
antritt, ist jene diebische Freude, die ihn schon jetzt
beschleicht, nach seinem Zieleinlauf, den Abstand in
Metern zu seinen Verfolgern messen zu lassen, das
Abgehängthaben in Metern ist seine Größe,
seine Bestimmung, sein animalischer Antrieb,
der ihn zu Tränen rührt. Das Äskulapturnier
diente da für Frank Schönfeld lediglich als
mentale Vorbereitung, denn Geschwindigkeit ist vor allem
eine Sache des Kopfes, der ihm Beine machen soll, dass
er zumindest nicht viel langsamer sein wird als Melanie
Schön(e)feld, eine 13-jährige Leichtathletin
von der TSG Wittenberg, die diese Kurzdistanz jetzt
schon (wie ehemals er, der Schachspieler) in 7,3 Sekunden
zurücklegt. Nichts mehr hören wolle er danach,
wenn er das Rennen gewonnen habe. Wenn man den Platz
als Sieger verlässt, ist das Schweigen hinterher
die höchste Form der Ehrerbietung, die er sich
von Verlierern vorstellen kann.
Tote zum Leben zu erwecken und Kranke
zu heilen, das war dieses Mal nicht die Sache Äskulaps.
Die Passionszeit ist vor allem eine Zeit des Leidens.
Beispielsweise kein Mitleid mit einem Zuckerkranken,
selbst wenn der Zuckerwert das Messgerät über
die künftige Lebenserwartung des Leidenden schweigen
lässt, weil es sogar bei einer logarithmischen
Skalierung die Anzeige verweigern würde. Kein Mitleid
mit einem Kopfschussleidenden, selbst wenn sich das
Projektil offensichtlich ganz tief in Kopf und
Geist gebohrt hat und es sich bis zur Ewigkeit bequem
gemacht hat. Auch keine Barmherzigkeit mit Nachwuchstrainer
Holger Borchers, dessen Hospitalaufenthalt die Rüdersdorfer
Lebensfähigkeit lähmte. Für die Kerngesunden
hatte Äskulap ohnehin noch nie etwas übrig,
war naturgemäß für die europäische
Schachelite noch nie zugänglich, die Sächsische
Zeitung vermutete sie zwar in Görlitz, dennoch
erhörten einige Äskulapteilnehmer der Vorjahre
stattdessen lieber den Ruf der Europameisterschaft in
Dresden, aber immerhin folgten noch 88 Äskulapjünger
dem Weg zur Sucht, und also dem Osterturnier ins Haus
Wartburg, darunter auch ein paar alte Bekannte, die
sich eine Auszeit von diesem Turnier genommen hatten.
Sich dem Äskulap jedoch auf Dauer zu entziehen,
ist das Unmögliche. Die Internationalen Meister
Drazen Muse, Zbigniew Ksieski und Grigorij Bogdanovich
sind drei dieser verloren geglaubten Söhne, die
nun wieder heimgekehrt sind, womöglich mit ganz
großen Hoffnungen, denn während der Eröffnungsrede
wurde plötzlich etwas über die Görlitzer
Million gesäuselt, zusammenhangslos vom Zettel
Abgelesenes, immer haarscharf am Rand zur verbalen Defäkation,
aber schon innerhalb der Sinnentleerung, tropfte ohne
Schutz auf die Teilnehmer hernieder, Dr. Petra Zimmermann,
der Amtsleiterin für Schule, Sport und Soziales,
war es eine Herzensangelegenheit, die Osterbotschaft
der Stadt Görlitz zu verkünden, darin, dass
das Äskulap ihr ein besonderes Anliegen sei, und
je herzlicher das Anliegen, um so begeisterter ließ
es sich von jenem Zettel vortragen, so dass Drazen Muse,
Zbigniew Ksieski und Grigorij Bogdanovich gehofft haben
mussten, von diesem unerwartet kräftigen Preisgeldregen
wenigstens ein paar Spritzer abzubekommen. (Die Görlitzer
Million die europäische Elite schien
beim falschen Turnier zu sein.)
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Einen ganz schlechten Tag habe er erwischt,
schimpfte Drazen Muse nach der Nachmittagsrunde des
zweiten Turniertages. Am Morgen schon diese hässliche
Niederlage gegen den Magdeburger Oberligaspieler, Martin
Niering. Sein Gegner muss den Mike Stolz kennen,
denn zusammen hätten sie sich auf ihn vorbereitet.
Und überhaupt, um halb neun könne man noch
nicht Schach spielen, weil man da nachdenken müsse,
um diese Zeit könne man aber höchstens
arbeiten gehen, denn da bräuchte man nicht nachdenken.
Als am Nachmittag dann ausgerechnet die Slawische Verteidigung
aufs Brett kam, glaubte Drazen Muse schon, er würde
gleich noch eine Partie verlieren, aber Giso Müller
verlief sich in einer Variante: Mein Gegner hatte
anderthalb Stunden verbraucht und ick nur fünf
Minuten. Nach 16 Zügen hat er aufgegeben.
Als er erfuhr, dass Giso Müller zuvor eine Gewinnstellung
gegen Grigorij Bogdanovich zum Verlust verdorben hatte,
war Drazen Muse plötzlich mit sich und der Welt
zufrieden, in Richtung himmelhochjauchzend. Er hatte
schon gedacht, dass er einen schlechten Tag gehabt hätte,
da er aber jetzt Giso Müller kennen lernen durfte,
der an diesem Tag beide Partien verloren hatte, fand
Drazen Muse im fremden Leid seinen satten Seelentrost,
dass sein Tag gar nicht so schlecht war, im Gegenteil,
dass er sogar einen guten Tag erwischt hatte, nahezu
einen ganz wundervollen, denn wann gewinnt man schon
so bald in einer Eröffnung, die man gerade am Nachmittag
besser nicht auf dem Brett gehabt hätte. Der nächste
Tag wurde dafür aber der eigentlich schlechte für
Drazen Muse, der fast mit einer kompletten Finsternis
endete. Die schmeichelhafte Punkteteilung mit Paul Zebisch
gehörte noch zum hellen Moment, aber nach der Weißniederlage
gegen den Leipziger Dietmar Klemm in der fünften
Runde verabschiedete er sich schon innerlich vom Turnier.
Schadensbegrenzung gegen Gabriele Just im Fromms Gambit,
vielleicht könne er noch was für Giso Müllers
Buchholzwertung tun, denn der hatte ihn punktemäßig
inzwischen überholt. Ein schnelles Schlussremis
gegen Dominik Jäger, weil der ja auch in derselben
Mannschaft wie Mike Stolz spielt, und dann nichts wie
auf und davon, noch eine letzte Marlboro, währenddessen
das Mobiltelefon am Ohr, wenigstens bei den beiden Damen
vom Morgen, die ihn zum Haus Wartburg begleitet hatten,
schien er sich noch einmal obenauf verabschieden zu
wollen. Ick hab zwar ein schlechtes Turnier
gespielt, aber nächstes Jahr komm ick wieder.
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Zu gern wollte Zbiegniew Ksieski einmal
das Äskulap gewinnen, irgendwie hatte es ja sogar
sein langjähriger Turnierbegleiter Grigorij Bogdanovich
geschafft, auch wenn das mittlerweile jetzt schon acht
Jahre zurückliegt. Der Turnierstart war Ksieski
zumindest gelungen, drei gewonnene Partien in Folge,
er bekam auch die herbeigesehnte Möglichkeit, in
der vierten Runde mit den weißen Steinen den Vorjahressieger
Sergej Ovsejevitsch herauszufordern, aber danach gefroren
ihm die Augen, wenn auch nicht gleich nach der verpassten
Chance gegen den Großmeister (da galt er ja ohnehin
nicht als Favorit, tiefes knurrendes Brabbeln reichte
da auch zur Bewältigung der erlittenen Niederlage,
dass es eben wieder nicht gereicht hatte), sondern erst
in der darauf folgenden Partie. Denn was Hans-Jürgen
Kliewe aus Wismar mit ihm veranstaltete, wird zuweilen
auch als kurzer Prozess bezeichnet. Gleich vier Bauern
musste er für die Qualität abliefern, ein
eisiger Hauch wehte über das Brett, und nur einen
Wimpernschlag später musste er defätistisch
seine Stellung zu Grabe tragen. Die wieder einsetzenden
finsteren Brabbelgeräusche erinnerten Hans-Jürgen
Kliewe daran, dass er jetzt auch viel zu erzählen
habe, umgehend in alle Welt hinaus telefonieren müsse,
um anderen mitzuteilen, wie er gerade Zbiegniew Ksieski
besiegt hatte und von seinem Triumph am Morgen über
Krzysztof Zolnierowicz zu berichten, also zwei Partien
hintereinander gegen zwei Internationale Meister gewonnen
zu haben, das würde ihm so schnell nicht mehr passieren,
und das musste er jetzt all denen mitteilen, die es
nicht erleben durften.
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In den ersten drei Partien erlebte auch
Christof Beyer viele Neuigkeiten, die ihn in der Summe
allerdings weit hinunter bis auf den zwischenzeitlichen
79. Platz fallen ließen: erstens, ein russischer
IM, der einen Turm opfern musste, um das Endspiel wenigstens
im Gleichgewicht zu halten (am Ende aber doch noch gewann),
zweitens, mit Dame und Turm konnte er den gegnerischen
König in seinem Versteck nicht verhaften, weil
ihm nach dem 80. Zug nur noch wenige Sekunden der Bedenkzeit
zur Verfügung standen und drittens, jenes Bauernendspiel
mit einem entfernten Freibauern verlor er noch, weil
er das simple, aber so wichtige Zwischentauschen auf
f4 versäumte, am Ende sich eben der gedeckte
Freibauer durchsetzte. Entweder man springt nach
solchen Erfahrungen oder erkennt, dass die Welt da
unten nicht zählt.
Und auch Oswald Bindrich wird mit dem
Erreichten nicht zufrieden sein, obwohl ihn doch sein
Sohn Falko vorher so sehr drum gebeten hat, den Versuch
zu unternehmen, wenigstens FIDE-Meister zu werden;
wenn also der Idealzustand eingetreten ist, aus dem
Schüler der Meister geworden ist, in diesem Fall
ein Großmeister, wird dagegen umgekehrt der Meister
zum Schüler, der sich noch einmal auf die Schulbank
setzen muss, wenn er möchte, dass sein Schüler
(der jetzt der Meister ist) bei der Beobachtung des
Meisters (der wiederum jetzt der Schüler ist) nicht
die Aufmerksamkeit verliert. Und dabei hatte Oswald
Bindrich schon in der zweiten Runde wieder so verschiedene
Matts gesehen, dass er voller Lust eine Figur opferte,
aber der Nachwuchsspieler aus Frankfurt/Oder, Falco
Nogatz, machte es ihm nicht so leicht, raubte ihm die
denkbar schöne Position, denn plötzlich hatten
sich die Mattbilder alle komplett aufgelöst, waren
einfach verschwunden, zum Glück blieben ihm noch
ein paar Bauern für die investierte Leichtfigur,
im Endspiel wenigstens den Punkt zu teilen. Der litauische
IM Virginius Dambrauskas stand in der sizilianischen
Verteidigung ja schon die gesamte Zeit über schlecht,
schien sich sogar schon von der Partie verabschiedet
zu haben, aber nach 71 Minuten Bedenkzeit hatte er noch
einen Zug gefunden,
Th8-h6, der die Stellung zwar
nicht verbesserte, aber Oswald Bindrich sichtlich irritierte.
Der hat einfach mit Absicht die Zeit ablaufen
lassen, um mich in Sicherheit zu wiegen. Und ich bin
darauf reingefallen. Das gewonnene Turmendspiel
war verschwunden, und wie nach einem kleinen Zaubertrick
wanderte der Vorteil von der einen auf die andere Seite.
Seinen Sohn Falko betteln diese Leute ja schon in den
ersten 15 Zügen um das Remis. Er dagegen musste
in der letzten Runde ausgerechnet gegen Sebastian Kaiser
spielen und selbst den halben Punkt erbitten, denn dieses
Mal wurde es nicht ein Beginn nach seinem Geschmack,
überhaupt keine Mattmotive waren zu sehen. Die
berühmten fünf Bindrichpunkte müssen
sich wieder aus dem Äskulap kondensieren, sonst
wird sein Großmeistersohn noch lange mit ihm schimpfen,
dass es nicht wenigstens mit dem FIDE-Meistertitel etwas
wird.
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Für die drei polnischen Spieler
Michal Luch, Krystian Kuzmicz und Michal Walentukiewicz
beispielsweise sind fünf Punkte nichts Besonderes.
Wie sie die Beute in Augenschein nehmen, das hat etwas
von so ganz nebenbei, eine Leichtigkeit, gar
nichts Angestrengtes, das muss die Frauen ganz verrückt
machen, meinte Werner Schreyer, der langjährige
Schiedsrichter dieses Turniers, der es selbst genau
weiß, was Frauen um den Verstand bringt, gerade
beim Farbempfinden bliebe selten ein Auge trocken. Doch
wen er genau meinte, wer der Verrücktheit am nächsten
war, das wollte er nicht verraten, da ist er sofort
wieder Schiedsrichter, der es erst einmal gern für
sich behält, wenn der Kontrollzug erreicht ist.
Ob er WFM Petra Schulz gemeint hatte? Sie spielte jedenfalls
wie verrückt, zuerst ihr Sieg gegen den Löberitzer
Oberligaspieler, Norman Schütze (2270), dann die
beiden Unentschieden gegen den ukrainischen IM Oleksandr
Panchenko (2365) sowie den russischen IM Grigorij Bogdanovich
(2355) und nicht zu vergessen, ihre wunderschöne
Partie, die ungezählten Mehrbauern gegen den Deutschen
Meister der U18, Paul Zebisch (2176). Eine tolle Turnierleistung,
die mit dem 18. Platz belohnt wurde. Auch Sandra Ulms
gehörte demnach zum Kreis derer, die sich mit dem
Nimbus des Verrückten umgaben, von polnischen Spielern
ohne Spielerlizenz im Deutschen Schachbund fühlte
sie sich dieses Mal ein kleines bisschen angemacht,
Augenfarbe egal. Und was Gabriele Just, Anja Schulz,
Bo Penne und Peggy Flemming betrifft, die waren höchstens
verrückt, dass sie viel zu weit entfernt saßen,
um sich von den Augenfarben im Oberhaus einfangen zu
lassen.
Wenn sich doch zwei Äskulapturniere
zusammenfassen ließen, um eine internationale
Norm zu erreichen, das würde Norman Schütze
gefallen. Gegen WFM Petra Schulze hatte er einfach nur
nach vorn gespielt und dabei die Struktur vernachlässigt,
aber in den letzten drei Runden war sein Selbstbewusstsein
wieder normiert, und also geschärft, die
Solidität zurückgekehrt. Das letzte
Mal habe ich nur geklammert, aber dieses Mal will ich
auf Sieg spielen. Und das gelang ihm gegen Michal
Skalski (2358) auf beeindruckende Weise, nachdem er
den Mehrbauern, der ihn schon die ganze Zeit von seinem
Gewinnweg ablenkte, vom Brett nehmen ließ, um
mehr Übersicht zu haben. Gegen GM Leonid Voloshin
(2456) folgte in der sechsten Runde immerhin ein Remis.
Nur zum Abschluss gegen den ukrainischen IM Dmitry Stets
(2380) war die Niederlage nicht zu vermeiden, sonst
hätte es wieder für eine Platzierung unter
den ersten Zehn gereicht.
GM Sergej Ovsejevitsch konnte seinen
Turniersieg vom Vorjahr verteidigen. Zwar musste er
größere Anstrengungen in Kauf nehmen, sein
Weg zum Erfolg führte dieses Mal nicht über
eine Serie von Blitzremisen, dafür gewann er um
so souveräner, erreichte als einziger Spieler sechs
Punkte. IM Krystian Kuzmics und der Magdeburger FM Mike
Stolz, der immer Zeit fand, sich auf Drazen Muse vorzubereiten,
auch wenn dieser weit hinter ihm spielte, folgten auf
dem zweiten und dritten Platz mit jeweils 5½
Punkten. Die sechs Teilnehmer der sächsischen Landesmeisterschaft
verliefen sich zwar, untergegangen sind sie beim Äskulap
nicht. Der Dresdner Paul Zwahr spielte ein ganz starkes
Turnier, nicht nur gegen seinen Hauptkontrahenten, den
Leipziger FM Thomas Schunk, und wurde mit fünf
Punkten überraschend, aber verdientermaßen
neuer Sachsenmeister. Im Hauptturnier reichte dieser
Sieg für den zehnten Platz.
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Am Wetter kann es nicht gelegen haben.
Warm schien die Sonne am 17. April über dem Sportplatz
in Wittenberg. Nein, die Ursache liegt an den Tagen
davor, dass es nur für den dritten Platz gereicht
hat, dass der Fußballer nach 7,9 Sekunden als
Erster über die Ziellinie lief und der Handballer
mit 8,2 Sekunden kurz dahinter als Zweiter folgte. Die
8,5 Sekunden des Schachspielers haben nicht zum Sieg
gereicht. Erst diese Halsschmerzen nach dem Äskulapturnier,
dann hatte er sich auch noch einen Fingernagel abgebrochen,
die ersten Zehntelsekunden nach dem Tiefstart mussten
da bereits abgeschrieben werden, die linke Wade war
gezerrt, seine Fitness tendierte überhaupt in Richtung
Blutleere, zum Glück wenigstens kein Durchfall
während des Rennens auf der viel zu weichen Bahn
mit Startblöcken, die mittlerweile aus Aluminium
und nicht mehr aus Holz wie vor dreißig Jahren
bestehen. Die Altersklasse 25 bis 45 forderte
ihren Tribut. So bleibt Frank Schönfeld die Gewissheit,
gewonnen zu haben, hätte er im Blutrausch gewesen
sein können, und es bleibt ihm die Vorfreude auf
das große Jubiläum im nächsten Jahr.
Beim XXV. Äskulap wird er seine 20. Turnierteilnahme
feiern dann wieder ganz als Schachspieler. Übrigens
führt ihn seine Osterreise seit 1988 nach Görlitz,
seit 1989 zusammen mit seiner Frau Silke, nur im Jahr
1994 fehlten beide. Und immer kommen ihnen vor der Heimfahrt
fast die Tränen. Tonnenschwer.
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Gelaufen oder gerannt wurde hier nicht,
nur geflüchtet und gesprungen. Es ist eben nur
die Frage, wie man am liebsten erlöst werden möchte
auf dem langen Leidensweg in die Unsterblichkeit.
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