"Aljechin
war ein Spieler von Urgewalt, er war mehr als ein Spieler: Er brannte in
seinem Schachehrgeiz und in seinem Spiel." (Milan
Vidmar)
"Die
sowjetischen Schachspieler schätzten Aljechin, weil er die
schöpferischen Prinzipien der russischen Schachschule entwickelte,
erweiterte und vertiefte, die auch allen starken sowjetischen Meistern
später Richtschnur waren." (A. Kotow)
Dr.
Alexander Alexandrowitsch Aljechin wurde am 1. November 1892 in Moskau
geboren. Er war nicht nur einer der größten Schachspieler die je gelebt
haben, sondern auch einer der brillantesten. Sein Kombinationsschach ist
legendär.
Aljechins
Vater war ein wohlhabender Landbesitzer, ein Anwalt des Adelsstandes und
ein Mitglied in der Duma und seine Mutter erbte ein Vermögen in der
Industrie. Sein vier Jahre
älterer Bruder Alexej führte ihn dann schachlich stetig weiter. Er war
zwar kein Wunderkind wie Reshevsky, aber seine Schachleidenschaft war
schon mit jungen Jahren so groß, dass er seine Schulaufgaben
vernachlässigt, woraufhin ihm seine Eltern das Schachspiel wegnahmen. Er
konnte aber immer die Verstecke ausfindig machen und spielte dann nachts.
Er durfte noch nicht an Schachturnieren teilnehmen und hörte deshalb
aufmerksam den Erzählungen seines Bruders zu, der es damals zu einer
beachtlichen Spielstärke gebracht hatte.
Mit acht Jahren
zeigte Aljechin schon großes Interesse für das Schach. Seine außergewöhnlichen
Fähigkeiten offenbarten sich frühzeitig. Er machte in der Schule rasche
Fortschritte und zeigte neben der Mathematik in jedem Unterrichtsfach
hervorragende Leistungen. Seine Beschäftigung mit dem Schach hat von
Anfang an etwas Wissenschaftliches an sich. Mit acht Jahren schrieb er
seine Partien nieder und analysierte sie. Die kindlichen Anmerkungen
zeugen bereits von selbständigem Denken. In der Schule war das
Schachspiel eine beliebte Unterhaltung. Auch Aljechin spielte
leidenschaftlich, oft sogar ohne Ansicht des Brettes. Sein Interesse am
Blindspiel war geweckt worden, als Pillsbury im Moskauer Schachklub
gleichzeitig gegen 22 Gegner antrat.
Aljechin,
der damals neun Jahre alt war, durfte bei dieser sensationellen
Blindvorstellung zwar nicht zuschauen, aber sein Bruder hatte daran
teilgenommen und sogar ein Remis erreicht. Was er zu berichten wusste,
beeindruckte den Knaben tief. Drei Jahre später spielte Aljechin schon
selbst mit Erfolg blind.
Da
ihm lange Zeit nicht gestattet wurde Klubs zu besuchen, versuchte er seine
Schachleidenschaft durch Fernpartien zu befriedigen. Das Fernschach übte
auf seine Entwicklung eine günstige Wirkung aus und half ihm, sich die
Kunst des Analysierens anzueignen, genauso
wie der große Paul Keres, der es ebenfalls auf diesem Wege
zu einem Schachprofi brachte.
Während
seiner Gymnasialjahre blieb Aljechin oft sich selbst überlassen. Im
reichen Elternhaus herrschten ungeordnete Verhältnisse. Seine Großmutter
richtete in ihrem Haus eine Wohnung für ihn ein, aber sie wäre allein
kaum imstande gewesen, den leidenschaftlichen, phantasiebegabten Jungen zu
lenken und ihm eine angemessene Erziehung angedeihen zu lassen. Außerdem
erlebte Aljechin den Untergang des zaristischen Russlands und der
aristokratischen Gesellschaftsschicht, der er entstammte, aus nächster Nähe
mit.
Unter
diesen Umständen schwebte er ständig in Gefahr, seinen inneren Halt zu
verlieren. Das Schach hat ihn jedoch davor bewahrt.
Er
schrieb später: "Mit Hilfe des Schachs formte ich meinen
Charakter. Das Schachspiel lehrt vor allem, objektiv zu sein. Man kann nur
dann ein großer Meister werden, wenn man sich seiner Fehler und Mängel
bewusst wird - ist das nicht ganz so wie im Leben?"
Die
selbstkritische Einstellung zu seinen Leistungen und Lebensgewohnheiten
wurde eine hervorstechende Eigenschaft Aljechins. Jahrzehnte später befähigte
ihn diese Haltung, aus der Niederlage im Wettkampf mit Euwe die notwendigen Lehren zu
ziehen. Sobald er die Erlaubnis erhielt, einem Klub beizutreten, bemühte
er sich, im Spiel mit stärkeren Gegnern dazuzulernen. Er wollte möglichst
bald an einem Einzelturnier teilnehmen.
Die
erste Etappe in Aljechins Entwicklung ist durch eine Hinwendung zum
Kombinationsspiel gekennzeichnet. Das ist nicht verwunderlich, sind es
doch gerade die Kombinationen, die das Schach in den Rang einer Kunst
erheben.
Aljechin
schätzte den künstlerischen Gehalt einer Partie stets höher ein als ihr
Ergebnis. Natürlich bemühte er sich im Laufe seiner Entwicklung, beide
Gesichtspunkte miteinander in Einklang zu bringen und seine Partien mit künstlerischen
Mitteln zum Siege zu führen.
Er
begegnete jenen mit Verachtung, die im Schach nur dem Partiegewinn
nachjagten, denen nur der Punkt, das heißt das "Was" und nicht
das "Wie" wichtig war; die den Sieg für das einzig
erstrebenswerte Ziel hielten.
Wohin
die Vernachlässigung des künstlerischen Gehalts führen kann, war zu
jener Zeit deutlich erkennbar. Darum wandte sich Aljechin von den Meistern
ab, die sich ausschließlich auf technische Mittel beschränkten. Seine
Bestrebungen gingen dahin, das Schach in die Reihe der anderen Künste
emporzuheben.
Der
wertlose Punkt war ihm geradezu ein Gräuel. In vielen Analysen wies er
darauf hin, dass eine Partie an Wert einbüßt, wenn die richtige
Fortsetzung verfehlt wird. In seiner Begegnung mit Teichmann
(Berlin 1921) wiederholte er einige Züge, um zu verhindern, dass sein
Gegner durch Zeitüberschreitung verliert. Dieser fanatische Glaube an die
Schönheit, dieses unermüdliche Streben nach ideellen Werten haben
Aljechin sein ganzes Leben hindurch begleitet.
Die
ersten Erfolge spornten ihn an, so das sich seine Spielstärke ständig
verbesserte. In Düsseldorf teilte er 1908 im Hauptturnier den vierten und
fünften Platz. Danach spielte er ein Match gegen Benjamin Blumenfeld
und gewann dabei 7 von 10 Partien. Im folgenden Jahr trug er in einem gesamtrussischen
Amateurturnier den ersten Preis davon und errang damit den Meistertitel.
Nun wurden seine Leistungen auch in der Familie anerkannt und sein Ansehen
in der Schule wuchs.
Seine
Begabung hatte auch die Moskauer Schachkreise auf ihn aufmerksam gemacht,
und man sah seiner weiteren Entwicklung erwartungsvoll entgegen. In dieser
Zeit sind kombinatorische Gedankengänge für Aljechins Stil
kennzeichnend. Positionelle Feinheiten spielen dagegen in seinen Partien
nur selten eine Rolle. Im Endspiel erreichte er ebenfalls noch nicht das
Niveau der führenden Meister.
Nachdem
er den Meistertitel errungen hatte, spielte Aljechin noch im gleichen Jahr
mit Nenarokow einen Wettkampf über drei Gewinnpartien. Nenarokow
gewann 3:0. Aljechin hat in seinem Leben 23 Wettkämpfe ausgetragen (davon
fünf um die Weltmeisterschaft), aber außer der Niederlage gegen
Nenarokow nur noch einmal den kürzeren gezogen, obwohl die Liste seiner
Wettkampfgegner viele berühmte Namen enthält.
Nach
dem Düsseldorfer Turnier besiegte Aljechin in einem kleinen Wettkampf Curt
von Bardeleben mit 4½:½. Auch dieses Resultat ließ aufhorchen,
obwohl der deutsche Altmeister offensichtlich nicht mehr im Besitz seiner
einst gefürchteten Spielstärke war.
Sobald
Aljechin das Gymnasium absolviert hatte, ließ er sich in die juristische
Fakultät der Petersburger Universität einschreiben. Sein Studium
belastete ihn nicht übermäßig, obwohl er großen Wert auf das
juristische Diplom legte. Das Schachleben war in Petersburg viel reger als
in Moskau - sehr zur Freude Aljechins.
Dank
seiner finanziellen Unabhängigkeit und den Empfehlungen Petersburger
Schachkreise konnte er an mehreren Turnieren im Ausland teilnehmen.
1910
beteiligte er sich am 17. Deutschen Kongress in Hamburg und belegte den 7.-8. Platz.
In den Jahren 1911 und 1912 erreichte Aljechin nicht
viele gute Ergebnisse aufgrund mangelnder Spielpraxis. Zum Beispiel
spielte er 1911 in Karlsbad und erreichte dort nur den 8.-11.
Platz.
Aljechins
erster kleinerer internationaler Erfolg war sein Turniersieg in Stockholm 1912. Den
Wert seines Abschneidens kann man daran ermessen, dass Spielmann nur
den 5. Platz einzunehmen vermochte. Aljechin verlor nur eine Partie und
siegte mit anderthalb Punkten Vorsprung.
In
der zweiten Hälfte des Jahres belegte er in Wilna allerdings nur den
6.-7. Rang, wobei er Rubinstein, Bernstein und Nimzowitsch
den Vortritt lassen musste. Sein erster Preis im Scheveninger Turnier
1913 bildete schon keine Überraschung mehr.
Auch
in Petersburger Turnieren sicherte er sich gute Platzierungen. 1912 wurde
er Erster und ein Jahr später teilte er in einem Viererturnier den ersten
und zweiten Platz.
Allmählich
drang er in die Phalanx der führenden Meister ein und sammelte wertvolle
Erfahrungen. Besonders das Jahr 1913 verlief reich an Erlebnissen. In den
Schachkreisen von Berlin und Paris gewann Aljechin neue Freunde und erwarb
mancherlei Kenntnisse.
In
seinem Spiel paarten sich kombinatorische und positionelle Erwägungen
immer häufiger. Sein Stil war zwar nach wie vor taktisch geprägt, er
begann aber seine schier unerschöpflichen Phantasie in den Dienst
weitgreifender Pläne zu stellen.
Sein erster großer Turniersieg ließ bis 1914 in
St. Petersburg auf sich warten. Dort teilte er sich mit Aron Nimzowitsch
den 1. Platz. Das war sein „coup de grace“, ein Ausdruck, den
er so oft in seinen Schriften verwendete.
Einige
Monate später beteiligte sich Aljechin am berühmten St. Petersburger Turnier. Unter den Teilnehmern
befanden sich solche Schachgrößen wie Lasker,
Capablanca, Blackburne,
Gunsberg, Janowski, Marshall, Nimzowitsch, Rubinstein und Tarrasch. Aljechin belegte
einen ausgezeichneten 3. Platz. Sieger wurde Weltmeister Lasker,
Capablanca erreichte den zweiten Platz. Aljechins Abschneiden war ein großer
Erfolg.
1914
wurde das Mannheimer Turnier ausgetragen, dass vorzeitig durch den
Ausbruch des Ersten Weltkrieges nach der 11. Runde abgebrochen wurde. Nach
der 11. Runde führte Aljechin mit 9½ Punkten vor Vidmar 8½,
Spielmann 8½, Breyer, Marshall und Réti je 7 usw. Die
Preise wurden entsprechend dieser Reihenfolge verteilt.
Aljechin
und andere russische Schachspieler, die sich an einem der Haupt- oder
Nebenturniere beteiligt hatten, wurden interniert.
Einen Monat später wurde er jedoch freigelassen und diente dem
Russischen Roten Kreuz in Österreich. Eine
schwere Verletzung
(Quetschung der Wirbelsäule) bereitete
jedoch seinem Dienst ein Ende und er musste ins Krankenhaus eingeliefert
werden.
Dort avancierte er zum stärksten Blindschachspieler der Welt. Das
zeigt, wie großartig dieser junge Mann war. Normalerweise sind Leute im
Krankenhaus sehr betrübt und voller Kummer und Schmerz. Doch stattdessen
verschrieb sich Aljechin dem Blindschach und wurde binnen kürzester Zeit
der Weltbeste.
Schließlich
endete der Krieg. Die Heilung der Wunden und eine Vielzahl innerer
Probleme stellten den jungen sowjetischen Staat vor schwierige Aufgaben.
Unter diesen Umständen ist es verständlich, dass das Schachleben nahezu
zum Erliegen kam.
Nach
dem Krieg diente er als ehrenamtlicher Richter bei der Moskauer Polizei.
Zwar war er von ganzem Herzen Jurist, doch sollte er einer der größten
Schachspieler aller Zeiten werden.
1919
reiste er nach Odessa, wo er kurzerhand in die Todeszelle gesperrt wurde,
weil er als Spion verdächtigt wurde.
1920
kehrte Aljechin nach Moskau zurück und heiratete eine russische Baronin,
die einige Jahre älter war als er. 1913 hatte er bereits eine uneheliche
Tochter gezeugt.
Der
Krieg machte Aljechins Pläne zunichte und hemmte seinen Aufstieg. Seine
Schachlaufbahn wurde unterbrochen wie die anderer Meister auch. Er fühlte
jedoch, dass er seiner Lebensaufgabe treu bleiben müsse.
Aber
alles war vergebens, die Verhältnisse zwangen ihn zur Untätigkeit. Von
ungeduldigem Ehrgeiz getrieben kamen Aljechin zum ersten Mal im Leben
Zweifel an seiner Bestimmung. Er versank in nutzloses Grübeln und wollte
dem Schach den Rücken wenden.
Im
Herbst 1920 ließ er sich an der Filmkunstschule einschreiben. "Ich
habe das Schach aufgegeben und werde wahrscheinlich nie wieder zu ihm zurückkehren",
sagte er zu einem bestürzten Bekannten.
Aljechin
vermochte sich aber nicht vom für überflüssig erklärten Schach
abzuwenden. Vergeblich wiederholte er, dass er nie zu ihm zurückkehren
werde, er spielte trotzdem - wie einst in der Kindheit - heimlich
Blindpartien während der Vorlesungen.
Aljechin
bestand die Prüfungen an der Filmschule mit Auszeichnung, da sich seine
allgemeine künstlerische Veranlagung auch auf diesem Gebiet bewährte.
Der Film war eine neue und massenwirksame Kunst, er konnte aber Aljechins
Interesse nicht fesseln. Deshalb kehrte er kurz entschlossen zum
Schachspiel zurück.
In
der Meisterschaft von Moskau wurde er ungeschlagen Erster. Im
Allrussischen Meisterturnier 1920 wurde er ebenfalls ohne Verlustpartie
erster Preisträger. In dieser Zeit studierte Aljechin eingehend die
offenen Spiele. Dabei befasste er sich vor allem mit Gambiteröffnungen
und mit Bauernopfern im Interesse der Initiative.
Das
Schach war nach der Revolution in Russland verpönt. In Petersburg
spielten Rotarmisten, die aber überhaupt nichts von diesem Spiel
verstanden, denn als sie sich endlich zurückzogen, waren fast sämtliche
Figurensätze in den Spielsalons unvollständig oder zerstört. Die
russischen Meister mussten von Wohnung zu Wohnung ziehen, um überhaupt
gegeneinander spielen zu können. Dabei schleppten sie das ganze Material
und die Bibliothek des Petersburger Schachklubs mit. Erst dem bekannten
Meister Iljin-Genewsky gelang es, die neuen Machthaber zu überzeugen,
ihre Einstellung gegenüber Schach zu ändern. Aus der "bürgerlichen
Unterhaltung" wurde nun eine "hochgestellte und nützliche
Kunst, welche die geistigen Kräfte der heranwachsenden Generation fördert".
1921 trat er der kommunistischen Partei bei und
wurde Übersetzer.
Aljechin hatte aber mit dem Leben in der damaligen Sowjetunion
abgeschlossen und bereitete bereits seinen Exodus vor. Deshalb nahm 1920
kaum noch an Turnieren teil. Danach verließ er seine Frau und die Sowjetunion
und ging nach Paris, wo er die Schweizerin Anneliese Ruegg heiratete.
Einige Monate später verließ er jedoch auch sie und ging nach Berlin. Er traf 1921 in Berlin ein mit ein paar Mark
in der Tasche. Er spielte in den Berliner Kaffeehäusern um sein tägliches
Brot, ehe ihn die Einladung von Bogoljubov, nach Triberg zu kommen,
erreichte. Hier gewann er ein schnell arrangiertes Turnier vor Bogoljubov,
Sämisch, Selesniew und Brinckmann.
Er gewann außerdem noch die Turniere Budapest und The Hague. In Budapest
popularisierte er die heutige Aljechin-Verteidigung.
Die
nach sechsjähriger Turnierpause (1914-1920) erzielten Erfolge entfachten Aljechins
Begeisterung erneut. Er bekam wieder Lust, um die Weltmeisterschaft zu kämpfen.1921
siedelte er nach Paris über, wo er sich an der juristischen Fakultät der
Sorbonne immatrikulieren ließ und fünf Jahre später in einem Aufsatz
über das chinesische Haftsystem zum Doktor
promovierte. Auch während der Studienzeit ließ er seiner
Schachleidenschaft freien Lauf.
Den
letzten Anstoß, sich rückhaltlos seinem Lebensziel zu weihen, gab ihn
der Sieg Capablancas im Wettkampf um die Weltmeisterschaft. Der kubanische
Großmeister hatte die Kriegs- und Nachkriegsjahre gut genutzt und einen
sicheren Sieg über Lasker davongetragen.
Sofort
forderte Aljechin den neuen Weltmeister zu einem Wettkampf heraus.
Capablanca berief sich aber auf frühere Verpflichtungen und sagte, er
wolle erst diesen Verbindlichkeiten nachkommen. So blieb Aljechin nichts
anderes übrig, als zu warten, bis er nach Rubinstein, Marshall oder
eventuell auch Lasker an die Reihe käme. Er musste sich also noch
gedulden, erkannte aber klar, dass die Wartezeit sich für ihn nur günstig
auswirken konnte.
Seine
Spielpraxis war damals unzureichend. Er hatte in den letzten fünf Jahren
insgesamt nur 40 Turnierpartien gespielt - obendrein mit Gegnern, die
wesentlich schwächer als der Kubaner waren. Aljechin war sich vollauf
bewusst, dass er die unbemessene Frist nicht tatenlos verstreichen lassen
durfte.
Um
wieder in Übung zu kommen, beteiligte er sich in den nächsten sechs
Jahren - von 1921 bis 1927 - an 22 Turnieren und spielte außerdem mehrere
Zweikämpfe.
1922 wurde er in London Zweiter hinter Capablanca und Erster in
Hastings. 1923 wurde er in Karlsbad Erster zusammen mit Bogoljubov und
Maroczy. In New York 1924 kam er hinter Lasker und Capablanca auf Platz 3
ein. 1925 gewann Aljechin das Turnier in Baden-Baden, das erste
internationale Turnier in Deutschland seit dem Ersten Weltkrieg. Noch im selben Jahr wurde Aljechin französischer
Staatsbürger.
Dank seinen aufsehenerregenden Erfolgen wuchs sein Ansehen
beträchtlich. Die öffentliche Meinung der Schachwelt sah in ihm einen würdigen
Rivalen des Weltmeisters, und auch Capablanca wurde allmählich gezwungen,
die Herausforderung Aljechins zur Kenntnis zu nehmen.
Lange
schon hatte er begonnen, sich auf den Kampf um die Weltmeisterschaft
vorzubereiten. P. A. Romanowski schreibt, dass Aljechin ihm schon
1914 seine Absicht mitgeteilt habe, mit J. R. Capablanca einen Wettkampf
um den Weltmeistertitel auszutragen. "Weltmeister ist doch aber
Lasker", bemerkte daraufhin Romanowski. "Bald wird es
Capablanca sein", erwiderte der damals 22-jährige Aljechin.
1926
schlug er Max Euwe in einem Wettkampf und forderte Capablanca um die
Weltmeisterschaft heraus. Aljechin heiratete nun zum dritten Mal eine ältere Frau, Nadezda Vasiliev,
Witwe eines hochrangigen russischen Beamten.
Der
Wettkampf mit Capablanca kam aber erst 1927 zustande. Zu dieser Zeit gehörten
Rubinsteins Turniererfolge schon der Vergangenheit an, sodass er vom
Wettkampf zurücktreten musste. Auch Lasker verzichtete auf sein
Revancherecht.
Aljechin
hatte sich in dem genannten Zeitraum keine Ruhe gegönnt, wie die folgende
Übersicht zeigt:
1921:
Triberg 1. / Budapest 1. / Den Haag 1. (in allen Fällen ungeschlagen)
1922:
Pystian 2.-3. / London 2. (ungeschlagen) / Hastings 1. / Wien 4.-6.
1923: Margate 2.-4. / Karlsbad 1.-3. / Portsmouth 1. (ungeschlagen)
1924:
New York 3.
1925:
Paris 1. (ungeschlagen) / Bern 1. / Baden-Baden 1. (ungeschlagen)
1926:
Hastings 1.-2. (ungeschlagen) / Semmering 2. / Dresden 2. / Scarborough 1.
/ Birmingham 1. / Buenos Aires 1. (die letztgenannten vier Turniere ohne
Verlustpartie)
1927: New York 2. / Kecskemet 1. (ungeschlagen).
In
diesen sechs Jahren spielte Aljechin 340 Turnierpartien, wodurch seine
Spielstärke gewaltig zunahm.
Das
Turnierglück stieg Aljechin nicht zu Kopfe. Er war sich bewusst, dass die
Gegner, die er mit überlegener Sicherheit abgefertigt hatte, viel schwächer
waren als Capablanca. Seit 1921 war der kubanische Weltmeister zwar nicht
oft in die Schranken getreten, aber er hatte in London 1922 und in New
York 1927 seinen Gegnern kaum einige Remis gegönnt und während seiner
Herrschaft in fünf Turnieren nur drei von insgesamt 84 Partien verloren.
Das hatte ihm den Nimbus der Unbesiegbarkeit eingetragen.
Endlich
stand die letzte Kraftprobe bevor, das Turnier in New York 1927. Aljechin
musste sich bei dieser "Generalprobe" mit dem zweiten Platz
hinter Capablanca zufrieden geben. Laut Turnierausschreibung erwarb er
sich zwar damit das Recht, den Weltmeister herausfordern zu dürfen,
dennoch bedeutete es einen Misserfolg, dass er seinen großen Rivalen
erneut nicht zu bezwingen vermochte und ihm den ersten Platz überlassen
musste.
Aljechins
Einstellung vor dem Wettkampf ließe sich etwa so beschreiben: "Capablanca
ist in der Eröffnung gewöhnlich nicht bestrebt, unbedingt in Vorteil zu
kommen. Er hat nichts gegen Vereinfachungen, besonders dann nicht, wenn er
mit Schwarz spielt. Dabei verlässt er sich wahrscheinlich auf seine
Endspieltechnik, die in der Tat außergewöhnlich ist."
Also
beschloss Aljechin, im Wettkampf ebenfalls keinen Vereinfachungen aus dem
Wege zu gehen, nicht unbedingt einen scharfen Kampf anzustreben, bei den
Vereinfachungsoperationen jedoch mit allen Mitteln nach eventuellen
Schwächen in der Stellung des Gegners zu suchen, auch nach den
geringfügigsten, um diese dann auszunutzen.
Dies
war der einzig richtige Weg, denn Aljechin, der sich jahrelang intensiv
mit allen Seiten der Schachtechnik beschäftigt hatte, brauchte Capablanca
auf diesem Gebiet nicht zu fürchten - wenn er ihm nicht schon überlegen
war. Hinzu kam, dass er sich beim Studium des Stils Capablancas davon
überzeugen konnte, dass das Attribut "unfehlbar" - es fehlte
kaum in einer der Beschreibungen Capablancas - mehr Dichtung als Wahrheit
war.
Der
mit größter Ungeduld erwartete Wettkampf
begann am 10. September 1927 in Buenos Aires. Die meisten Fachleute
rechneten mit einem sicheren Sieg von Capablanca. Seit Aljechin in
Baden-Baden trotz stärkster Konkurrenz ungeschlagen Erster geworden war,
galt er zwar als würdiger Weltmeisterschaftsanwärter, aber der Glaube an
die Überlegenheit des Kubaners war fest verwurzelt. Capablanca selbst gab
sich sehr zuversichtlich und erklärte gegenüber einer argentinischen
Zeitung, dass ein Wunder dazu gehört, ihn zu bezwingen.
Das
Wunder geschah. Mit der hartumkämpften 34. und letzten Partie ging der
Kampf zu Ende. Damit hatte Aljechin das gewaltige Ringen mit 18½:15½ (25
Remisen) für sich entschieden.
Die einzige Auszeit gab es, als Aljechin während des Matches sechs Zähne
gezogen bekam. Bei dem Wettkampf waren weder Zuschauer noch Fotografen
erlaubt.
"Der
Traum meines Lebens hat sich erfüllt; es ist mir gelungen, die Früchte
meiner langjährigen Arbeit und Anstrengungen zu ernten."
Mit diesen Worten brachte der neue Weltmeister seine Gefühle zum
Ausdruck.
Aljechin
hatte damit die Legende von Capablancas "Unbesiegbarkeit"
entlarvt, sowie auch dessen schädliche Schachauffassung, die das
Schachspiel als rein technische Angelegenheit betrachtete und die
schöpferischen Elemente, Findigkeit und Phantasie praktisch negierte.
Die
Schachwelt verhielt sich zunächst zurückhaltend, feierte Aljechin aber
schließlich um so begeisterter. Sie versprach sich von seiner
Vorherrschaft einen Aufschwung der Schachkunst.
Nach
seinem Triumph zog sich Aljechin für kurze Zeit vom Turnierschach zurück.
Er widmete sich in dieser Zeit seiner literarischen Tätigkeit und
bereitete sich auf neue Kraftproben vor.
In
die internationalen Arena kehrte er 1929 wieder zurück. Im Gegensatz zu
seinen Vorgängern wollte er nicht in einem Elfenbeinturm leben und
ergriff daher jede Gelegenheit zum öffentlichen Auftreten.
Simultanspiele, Vorträge und Demonstrationspartien ohne Zahl
beanspruchten seine Zeit zwischen den verschiedenen Turnieren.
Aljechin
versuchte in den Folgejahren immer einem Revanchematch gegen Capablanca
auszuweichen. Er bestand darauf, dass Capablanca genau wie er 1927 10.000
Dollar in Gold aufbringen müsse. Doch nach dem Börsencrash von 1929
hatte dieser keine Chance.
In
Bradly-Beach 1929, San Remo 1930 (Performance 2812) und Bled 1931 wurde
Aljechin jedes Mal Erster,
ohne eine Partie zu verlieren. Auf der Schacholympiade 1930 erreichte Aljechin sein
erstes 100%iges Resultat. Am ersten Brett Frankreichs gewann er alle 9
Partien. Erfolge über Erfolge und alle in beeindruckendem Stil.
In
dieser Zeit hatte Bogoljubov
durch mehrere ausgezeichnete Leistungen auf sich aufmerksam gemacht. Das
bewog deutsche Schachkreise - nachdem Aljechin eingewilligt hatte - einen
Wettkampf um die Weltmeisterschaft
zu organisieren. Bald stellte sich jedoch heraus, dass der Optimismus
Bogoljubovs und seiner deutschen Anhängerschaft nicht ausreichend begründet
war. Aljechin siegte leicht mit 15½:9½.
Die
Überlegenheit des Weltmeisters überzeugte jeden, aber nicht seinen
Gegner. Dieser versuchte darum 1934 im zweiten WM-Kampf
erneut
sein Glück. Auch diesmal vereitelte Aljechin das Vorhaben des
Herausforderers überzeugend und verteidigte seinen Titel mit 15½:10½.
Auch
in den folgenden Jahren erzielte Aljechin viele Turniererfolge. In London,
Bern und Pasadena erkämpfte er 1932 weitere Siege. In Mexico City teilte
er mit Kashdan den ersten und zweiten Platz ohne Partieverlust.
1932
spielte er gegen bis zu 300 Gegner gleichzeitig. Ein Jahr darauf spielte
er in Chicago 32 Partien Blindsimultan, von denen er 19 gewann, 9 remis
gab und 4 verlor. Er reiste sogar bis nach Shanghai, um simultan zu
spielen. Er bekam ehrenhalber den Grad eines Colonel in der Armee Mexikos
zugesprochen und trat dort als Schachlehrer auf.
In
Paris 1933 belegte er den Ersten, in Hastings den zweiten bis dritten
Rang. In diesem Jahr verlor er von 34 Partien nur zwei. Er siegte im Züricher
Turnier 1934.
1934
heiratete er zum vierten Mal – diesmal war es Grace Wishart, die 16
Jahre älter war als er. Sie war Witwe eines Engländers und behielt ihre
britische Nationalität. Aljechin traf sie auf einem kleinen Turnier, das
sie gewonnen hatte. Als Preis bekam sie eines von Aljechins Büchern. Sie
fragte ihm nach einem Autogramm und von da an entwickelte sich ihre
Beziehung.
In Ørebro 1935 erreichte er ungeschlagen den ersten Platz
und blieb auf der Warschauer Schacholympiade abermals ohne Partieverlust,
wobei er am ersten Brett mit 12:5 zu überzeugen wusste.
Auf
dem Höhepunkt seiner Laufbahn geriet Aljechin in eine seelische Krise. Er
hatte alles erreicht, wonach er gestrebt hatte. Doch seit Jahren war er
gezwungen, das wenig beneidenswerte Leben eines Emigranten zu führen.
Heimweh packte ihn. Immer wieder wollte er von Großmeister Flohr der in
dieser Zeit wiederholt die Sowjetunion besucht hatte, Genaueres über die
Heimat erfahren. Er knüpfte auch selbst Verbindungen an und grüßte im
Oktober 1935 in einem Telegramm an die sowjetische Schachzeitschrift
"64" alle Schachspieler seines Vaterlandes.
Es
gelang Aljechin aber nicht, sein seelisches Gleichgewicht
wiederherzustellen. Im Gegenteil, seine ungesunde Lebensweise zerrüttete
seine Nerven vollends. Er hatte angefangen, stark zu rauchen und glaubte,
seine erschöpfte Phantasie durch Alkohol anregen zu können.
Er
bereitete sich auf den für den Herbst 1935 vereinbarten
WM-Kampf
mit Euwe
nur ungenügend vor und beging den verhängnisvollen Fehler den Gegner zu
unterschätzen.
Der
Wettkampf endete mit einer Sensation, die im Licht der Tatsachen
eigentlich keine war. Aljechin unterlag.
Statt
sich auf seine gewaltige Kampfkraft zu besinnen, hatte er abergläubischem
Hokuspokus vertraut. Sein siamesischer Kater, "Check" genannt,
lag während der Partien auf einem Tischchen neben dem Spieltisch. Von ihm
erwartete Aljechin die magische Kraft, die er in sich selbst nicht fand.
Gegen
Ende des Wettkampfes setze er seine Hoffnungen auf das Horoskop des Österreichers
Klein, doch glaubte er schon nicht mehr an ein Wunder. Die Partien des
Wettkampfes beweisen, dass die Ursache für Aljechins Niederlage nicht im
Versiegen seiner Schöpferkraft, sondern in seinem menschlichen Versagen
gesucht werden muss.
Dennoch
verfiel Aljechin nach dem knapp mit 14½:15½ verlorenen Wettkampf nicht
in Lethargie. Seine moralische Kraft war ungebrochen. Von heute auf morgen
veränderte er seine Lebensweise und hörte auf zu rauchen und zu trinken.
Aljechins Vertrauen in die Zukunft spiegelt sich auch darin wider, dass
er, der sich nach der Heimat sehnte, "nur als Weltmeister" in
die Sowjetunion zurückkehren wollte.
Im
folgenden Jahr trat er, vom Ehrgeiz besessen, mehrfach in die Schranken.
Dabei errang er in Dresden mit 6½:2½ und in Hastings 8:1 den ersten, in
Nauheim mit 6½:2½ den geteilten ersten bis zweiten, in Podjebrad 12½:14½
den zweiten und in Amsterdam 4½:2½ den dritten Preis.
In
Nottingham 1936 erlitt er ein Fiasko, er wurde nur sechster. Der
Revanchekampf mit Euwe war für den Herbst 1937 vorgesehen. Zuvor
beteiligte sich Aljechin an drei Turniere, ohne indessen überzeugen zu können.
In Margate wurde er Dritter (6:3), in Kemeri nur Vierter bis Fünfter (11½:5½)
und in Nauheim Zweiter bis Dritter (3½:2½).
Bis
zum Beginn des Revanchekampfes hatte sich Aljechin vollkommen gewandelt.
Er wirkte geradezu verjüngt. Aber nicht nur physisch, auch schachlich war
er gekräftigt. In seinen Partien spürte man den zündenden Funken früherer
Jahre.
Aljechin
war wieder der geniale Neuerer, der phantasievolle Taktiker und gewaltige
Stratege von einst. In dieser Verfassung vermochte er den Rückkampf um
die Weltmeisterschaft
mit (10½:4½) überzeugend für sich zu gestallten. Selbst Euwes Anhänger
mussten seiner Vielseitigkeit Beifall zollen.
Aljechins
Comeback setzte sowohl Fachleute wie auch Laien in Erstaunen. Nach dem
Wettkampf wandte man sich an Euwe, um aus berufendem Munde zu erfahren, ob
Aljechin seine frühere Kraft wiedergewonnen habe.
"Aljechin
ist nicht nur sehr stark, er ist einwandfrei der stärkste Schachspieler
der Welt", erwiderte der entthronte Weltmeister,
und er verglich Aljechins Können mit den Leistungen, die dieser auf dem Höhepunkt
seiner Laufbahn in San Remo und Bled gezeigt hatte.
Der
46-jährige Weltmeister stellte sich 1938 im Vollbesitz seiner Kräfte
vor. In Montevideo wurde er ungeschlagen Erster mit dem hervorragenden
Ergebnis von 13:2. Auch in Margate nahm er mit 7:2 den ersten Rang ein. In
Plymouth teilte er den ersten und zweiten Platz (6:1).
Dagegen
musste er sich im AVRO-Turnier mit dem vierten bis sechsten Platz zufrieden geben.
Das Avro-Turnier bedeutete für Aljechin eine ungewohnte Belastung. Die
Runden wurden in verschiedenen Städten ausgetragen, und die Teilnehmer
kehrten Abend für Abend nach Amsterdam zurück.
Nach
Abschluss des AVRO-Turniers sprach Botwinnik
bei Aljechin vor und forderte ihn offiziell zu einem Wettkampf um die
Weltmeisterschaft heraus. Aljechin war sofort einverstanden. Dieser Kampf
wäre zweifellos eines der bedeutsamsten Ereignisse der Schachgeschichte
geworden, er kam aber wegen des Ausbruchs des Krieges nicht zustande.
Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Weltmeister auf
der Schacholympiade in Buenos Aires, wo er Frankreich am ersten Brett
vertrat. Als Kapitän der Franzosen untersagte er seinem Team gegen die
Deutschen zu spielen. Er kehrte nach Frankreich zurück, um sich dort bei
der Armee zu bewerben. Bald wurde er Dolmetscher.
Als
Frankreich überrannt wurde, versuchte er nach Amerika zu gelangen, indem
er nach Lissabon fuhr und dort um ein amerikanisches Visum bat. Um seine
Frau und ihr Vermögen zu schützen, willigte er ein, mit den Nazis zu
kooperieren. Er schrieb sechs kritische Artikel über jüdische
Schachspieler und nahm an verschiedenen Nazi-Turnieren in München,
Salzburg, Warschau und Prag teil. Aljechin
hat jedoch energisch bestritten, jene Artikel verfasst zu haben. Als er über
die deutsche Belagerung seines Apartments gefragt wurde, sagte er: „Die
Deutschen haben es nur gründlich durchsucht.“
Ab
1943 verbrachte Aljechin seine gesamte Zeit in Spanien und Portugal als
deutscher Vertreter auf Schachereignissen. Nach dem Zweiten Weltkrieg
jedoch wurde er wegen seiner Zusammenarbeit mit den Nazis nicht mehr zu
Turnieren eingeladen.
In den letzten
Jahren des Krieges hielt sich Aljechin in Spanien auf. Irgendwie gelangte
er nach Portugal, wo er 1945 das Ende des Krieges in Lissabon erlebte.
Sein Gesundheitszustand hatte sich verschlechtert, und er klagte des öfteren
über Herzbeschwerden.
Seine
Lage verschlimmerte sich noch, als er erfuhr, dass die Einladung zum
Londoner Turnier 1946 wegen der gegen ihn erhobenen Anklagen rückgängig
gemacht worden war. Als Aljechin Anfang März eine Herausforderung
Botwinniks zu einem Wettkampf um die Weltmeisterschaft empfing, schöpfte
er frischen Lebensmut. Der Gedanke an den bevorstehenden Kampf beseelte
sein ganzes Wesen. Doch Träume werden nur allzu oft von der rauen
Wirklichkeit zerstört...
Dr.
Alexander Aljechin starb in der Nacht vom 23. zum 24. März 1946 in seinem
Hotelzimmer in Estoril. Er wurde tot an seinem Schachbrett aufgefunden.
Einige behaupten, er starb an einer Herzattacke, andere meinen, er wäre
an einem Stück Fleisch erstickt. Sein Leichnam wurde erst nach drei
Wochen beigesetzt, da sich niemand für ihn verantwortlich fühlte. Schließlich
übernahm die Portugiesische Schachföderation die Bestattung. Weniger als
ein Dutzend Leute wohnten ihr bei. Aljechins sehnlichster Wunsch, den er viele Jahre zuvor geäußert hatte, war jedoch
in Erfüllung gegangen: Er war unbezwungen als Weltmeister gestorben.
1947
entschied der FIDE-Kongress, Dr. Euwe zum Weltmeister zu erklären. Dem
stimmte die russische Delegation jedoch nicht zu. Tags darauf wurde das
Urteil aufgehoben und der Titel wurde in einem Fünfer-Turnier
ausgespielt, das von Botwinnik gewonnen wurde.
1956
vereinbarten die UdSSR und der französische Schachbund, die sterblichen
Überreste Aljechins nach Paris-Montparnasse zu überführen. Die FIDE
bezahlte den Grabstein, der die Form eines Schachbretts hat und aus roten
Granit gefertigt wurde. Darauf steht eine Marmor-Büste Aljechins. Jedoch
ist das Sterbedatum falsch! Auf dem Grabstein steht:
„Alexander
Aljechin, * 1.11.1892 † 25.3.1946, Schachweltmeister 1927-35 / 1937-bis zum
Tod.“
In
WM-Kämpfen gewann Aljechin 43 Partien, spielte 73 remis und verlor 24.
Das sind 140 Partien mit einer Gewinnquote von 56,8 %. Er war 17 Jahre
lang Weltmeister und nahm an 5 Weltmeisterschaftskämpfen teil. Aljechin
spielte über 1000 Turnierpartien, von denen er 73% erzielte. Sein
historische Elo-Wertung wurde mit 2690 berechnet.
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