Mikhail Botwinnik

Dr. Michail Botwinnik

(1911 - 1995)

Schachweltmeister 1948 - 1957 / 1958 - 1960 / 1961-1963

"Dieser junge Mann ist klug. Er hat als Mensch und Spieler das Zeug, Weltmeister zu werden." (Emanuel Lasker)

"Für Botwinnik kennzeichnend ist von seinem ersten Auftreten an die durchgehend wissenschaftliche Behandlung des Schachspiels." (Juri Awerbach)

"In der Schachgeschichte gibt es nur ganz wenige, die durch ihren Stil, ihren Kampfgeist, durch Energie und Liebe zur Schachkunst so viel Lehrreiches geboten haben wie Botwinnik." (Salo Flohr)

Michail Botwinnik wurde am 17.08.1911 in St. Petersburg (Leningrad) geboren. Verhältnismäßig spät, mit zwölf Jahre erlernte er das Schachspiel. Seine Entwicklung verlief aber um so rascher. Im November 1925 erzielte er seinen ersten auffallenden Erfolg, als er den damals als besten Simultanspieler der Welt angesehenen Capablanca anlässlich einer Simultanvorstellung in Leningrad bezwang.

Nicht nur Capablanca prophezeite dem jungen Botwinnik eine große Zukunft. Botwinnik gehörte der zweiten Leistungsklasse an, doch noch im selben Jahr hätte er beinahe die Meisterschaft von Leningrad gewonnen. Hinter Iljin-Genewski wurde er gemeinsam mit Rabinowitsch Dritter.

1927 nahm er mit sechzehn Jahren an der V. Meisterschaft der Sowjetunion teil und teilte sich zusammen mit Makogonow den 5. bis 6. Platz. Durch diesen Erfolg errang Botwinnik den Meistertitel.

Nachdem er bereits mehrere erste Preise in kleineren Turnieren erringen konnte, brachte das Jahr 1931 für den Zwanzigjährigen den ersten durchschlagenden Triumph. In diesem Jahr fand die VII. Meisterschaft der Sowjetunion statt, in der Botwinnik mit 13½ Punkten aus 17 Partien (78 Prozent der möglichen Punkte) überlegen Erster wurde.

Dem erstmaligen Gewinn der Landesmeisterschaft schloss sich eine ununterbrochene Erfolgsserie an. Botwinnik wurde in drei Turnieren Erster, wobei sein Triumph in der Leningrader Meisterschaft mit 9 Siegen und 2 Remis ohne Verlust herausragte.

Dem setzte er die Krone auf, indem er die VIII. Meisterschaft der Sowjetunion gewann. Das Finale wurde 1933 in Leningrad veranstaltet. Mit 11 Siegen, 6 Unentschieden und 2 Niederlagen erkämpfte sich Botwinnik den ersten Platz.

Vom 28. November bis 19. Dezember 1933 spielte Botwinnik einen auf 12 Partien angesetzten Wettkampf gegen Salo Flohr, der von vielen als würdiger Nachfolger Aljechins angesehen wurde. Die erste Hälfte des Wettkampfes wurde in Moskau ausgetragen. Botwinnik verlor die erste Partie und nach vier Unentschieden auch die sechste. Die zweite in Leningrad zu absolvierende Hälfte des Wettkampfes begann mit zwei Remis. In der neunten Partie gelang es Botwinnik seinen ersten Sieg zu erkämpfen. Flohr führte nur noch 2:1, aber nur drei Partien standen noch aus, und Botwinnik hatte zudem zweimal mit den schwarzen Steinen zu spielen.

Dennoch gelang ihm das Bravourstück und er glich in der 10. Partie mit den schwarzen Steinen den Wettkampf aus. Die zwei letzten endeten Remis, und so ging auch das Match bei acht Remispartien mit 2: 2 unentschieden aus.

Im August 1934 wurde ein internationales Turnier in Leningrad veranstaltet. Botwinnik wurde mit 7½ Punkten Erster vor 2.-3. Romanowski und Riumin (7), 4. Rabinowitsch (6½), 5. Kan (6).

Ende des Jahres 1934 nahm Botwinnik zum ersten Mal an einem Einzelturnier im Ausland teil. Er spielte beim traditionellen Hastinger Neujahrsturnier mit. Hinter Euwe, Flohr und Thomas, die den 1. bis 3. Platz in einem toten Rennen errangen, landete Botwinnik zusammen mit Capablanca nur auf dem 4. bis 5. Platz.

Zwischen Februar und März 1935 wurde in Moskau ein Weltturnier veranstaltet, an dem Botwinnik teilnahm. Unter den eingeladenen ausländischen Gästen befanden sich auch Capablanca und Lasker. Das Turnier begann mit einer Sensation. Botwinnik besiegte Großmeister Rudolf Spielmann in nur 12 Zügen: 1.e4 d5  2.exd5 Sf6  3.c4 c6  4.d4 cxd5  5.Sc3 Sc6  6.Lg5 Db6  7.cxd5 Dxb2  8.Tc1 Sb4  9.Sa4 Dxa2  10.Lc4 Lg4  11.Sf3 Lxf3  12.gxf3 1-0

Der Schlussstand des Turniers lautete. 1.-2. Botwinnik und Flohr (13), 3. Lasker (12½), 4. Capablanca (12), 5. Spielmann (11) usw.

1936 fand abermals ein Turnier in Moskau statt, das diesmal doppelrundig ausgetragen wurde. Botwinnik belegte mit 12 Punkten vor Salo Flohr (9½) den zweiten Platz. Erster wurde Capablanca mit 13 Punkten. Sechster wurde Lasker mit 8 Punkten vor weiteren vier Meistern.

Im Turnier zu Nottingham 1936 blieb Botwinnik bei sechs Siegen und acht Unentschieden ungeschlagen: 1. - 2. Botwinnik und Capablanca (10), 3.-5. Euwe, Fine und Reshevsky (9), 6. Aljechin (9), 7.-8. Flohr und Lasker (8½) usw.

Nachdem Botwinnik die sowjetische Meisterschaft schon das zweite Mal gewonnen hatte, beteiligte er sich drei Jahre hindurch nur an internationalen Turnieren, die meistens ebenfalls in der Sowjetunion veranstaltet wurden.

Die IX. und X. Sowjetische Meisterschaft gewann 1934 und 1937 in Abwesenheit Botwinniks Großmeister Löwenfisch. Mit wachsendem Interesse sah man dem geplanten Wettkampf zwischen den beiden zweifachen Landesmeistern entgegen. Der Wettkampf fand Ende 1937 statt und endete 5: 5 unentschieden. Damit behielt Löwenfisch den Titel Meister der Sowjetunion.

Anfang 1938 gewann Botwinnik das Leningrader Semifinale zur XI. Sowjetischen Meisterschaft. Im Avro-Turnier, das im Herbst 1938 in Holland stattfand belegte Botwinnik mit 7½ Punkten den dritten Platz. Keres und Fine errangen mit 8½ Punkten den 1.- 2. Preis. Aljechin, Euwe und Reshevsky erreichten je 7 Punkte, Capablanca 6 und Flohr 4½. Im Verlaufe des Turniers versuchte Botwinnik zum ersten Mal, ein Match um die Weltmeisterschaft vorzubereiten.

Rückschauend schrieb er darüber:

"Am Schlusstag des Turniers teilte ich dem Weltmeister mit, dass ich ihn um eine vertrauliche Unterredung bitte. Aljechin erfasste gleich, worum es sich handelt, und setzte für die Besprechung den nächsten Tag fest. Tags darauf erörterten wir bei einer Tasse Tee die Bedingungen. Das Honorar des Weltmeisters sollte 6700 Dollar betragen. Für den Fall, dass das Match in Moskau ausgefochten wird, verlangte Aljechin, man sollte ihm Gelegenheit bieten, 3 bis 4 Monate vor dessen Beginn an irgendeinem Turnier in dieser Stadt teilzunehmen. Aljechin war damit einverstanden, dass unsere Absprache geheim gehalten wird. Wir einigten uns, dass wir die sowjetische Schachorganisation über das Match informieren, sobald die amtliche Ausschreibung vorliegt und die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen sind. Wir verabschiedeten uns voneinander und - haben uns nie mehr gesehen. Die sich günstig entwickelnden Besprechungen wurden wegen des Weltkrieges unterbrochen."

Im April 1939 wurde in Leningrad das Finale der XI. Sowjetischen Meisterschaft ausgetragen. Bei 10 Teilnehmern wurde Botwinnik ungeschlagen Erster mit 12½ Punkten.

1940 focht Botwinnik in Leningrad einen Wettkampf mit Ragosin aus. Mit fünf Siegen und sieben Remis errang er ohne Verlustpartie einen überlegenen Triumph.

Im Finale der im September 1940 ausgetragenen XII. Sowjetischen Meisterschaft erreichte Botwinnik mit 11½ Punkten zusammen mit Boleslawski nur den bescheidenen 5. bis 6. Platz. Bondarewski und Lilienthal teilten sich mit 13½ Punkten den 1. bis 2. Platz. Dritter wurde Smyslov mit 13 und Vierter Keres mit 12 Punkten.

Von März bis April 1941 trugen die sechs Besten der XII. Landesmeisterschaft, ein Matchturnier um die absolute Meisterschaft der Sowjetunion aus. Das Turnier wurde in vier Umgängen ausgetragen. Die erste Hälfte wurde in Leningrad und die zweite in Moskau gespielt. In dem 20 Runden währenden Turnier wurde Botwinnik glänzend Erster: 1. Botwinnik (13½), 2. Keres (11), 3. Smyslov (10), 4. Boleslawski (9), 5. Lilienthal (8½), 6. Bondarewski (8). Botwinnik besiegte Smyslov und Boleslawski jeweils mit 3:1 und Keres, Lilienthal und Bondarewski mit 2½:1½.

1943 wurde Botwinnik mit 10½ Punkten aus 14 Partien ungeschlagen Erster im Turnier zu Swerdlowsk. Er gewann auch im selben Jahr mit 13½ Punkten aus 16 Partien die Moskauer Meisterschaft.

1944 siegte er überlegen in der von 17 Teilnehmern bestrittenen XIII. Sowjetischen Meisterschaft mit 12½ Punkten vor Smyslov mit 10½ Punkten.

In der 1945 veranstalteten XIV. Landesmeisterschaft siegte Botwinnik mit 13 Siegen, 4 Remis und ohne Verlust. Er überflügelte den Zweitplatzierten Boleslawski um drei (!) Punkte.

1945 spielte die sowjetische Auswahl gegen die Mannschaft der USA im doppelrundigen Radiowettkampf. Am Spitzenbrett errang Botwinnik einen 2:0-Erfolg gegen Denker, am zweiten Brett siegte Smyslov 2: 0 gegen Reshevsky und am dritten schlug Boleslawski Fine mit 1½:½.

Im Revanchewettkampf 1946 behielt die sowjetische Mannschaft mit 12½:7½ Punkten die Oberhand. Botwinnik gegen Reshevsky und Keres gegen Fine erzielten jeweils ein Ergebnis von 1½:½ und Smyslov besiegte Denker am dritten Brett mit 2:0.

Zwischen August und September 1946 wurde in Groningen (Holland) ein Weltturnier veranstaltet, das Botwinnik mit 14½ Punkten (76,3 Prozent der möglichen Punkte) vor 2. Euwe (14), 3. Smyslov (12½) usw. gewann.

Im Moskauer internationalen Chigorin-Gedenkturnier 1947 erreichte Botwinnik 73,3 Prozent der möglichen Punkte und gewann das Turnier mit 11 Punkte aus 15 Partien. 2. Ragosin (10½), 3.-4. Boleslawski und Smyslov (10), 5. Kotow (9½), 6. Keres (9) usw. Von 1941 bis 1947 beteiligte sich Botwinnik somit an sieben Turnieren, die er sämtlich gewann.

Nach dem 2. Weltkrieg wurden Verhandlungen über einen Zweikampf um die Schachweltmeisterschaft wieder aktuell. Die politische Vergangenheit Aljechins (er soll antisemitische Schriften in der Schachpresse veröffentlicht haben) schuf jedoch Komplikationen. Mehrere traten gegen ihn auf und forderten, Aljechin den Weltmeistertitel abzuerkennen sowie ihn von allen Turnieren auszuschließen, bis er sich rechtfertigt. Aljechin wies die gegen ihn vorgebrachten Beschuldigungen zurück und gab Ende 1945 bekannt, dass er bereit wäre, eine Herausforderung Botwinniks anzunehmen.

Daraufhin sandte Botwinnik seine Herausforderung an Weltmeister Aljechin. Dieser teilte rasch seine Einwilligung mit, aber dabei blieb es; am 24. März 1946 verstarb Aljechin überraschend. Nun bot sich das von Fine vorgeschlagene Matchturnier als die vernünftigste Lösung an. (Laut Fine standen in Kalifornien die benötigten Gelder für ein Matchturnier zur Verfügung. An dem Matchturnier sollten Exweltmeister Euwe, Botwinnik, Fine, Keres, Reshevsky und Smyslov teilnehmen. Der Sieger sollte zum Weltmeister erklärt werden.) Bis dieses Turnier verwirklicht wurde, vergingen jedoch noch zwei Jahre. Manche schlugen vor, dass Euwe zum Weltmeister erklärt werden sollte. Aber nach dem Sieg von Botwinnik in Groningen und den Misserfolgen Euwes in Südamerika wurde diese Empfehlung immer weniger haltbar.

Daher beschloss der Kongress der FIDE in Den Haag 1947, ein Matchturnier um die Schachweltmeisterschaft zu veranstalten das spätestens im März 1948 beginnen müsse. Die von Fine vorgeschlagenen sechs Großmeister wurden als Teilnehmer anerkannt, die miteinander in 4 Partien wechseln sollten. Weil Fine zurücktrat, wurde dieser Plan später dahingehend verändert, dass man die Anzahl der Durchgänge auf fünf erhöhte. Die ersten zwei Durchgänge fanden vom 2. bis 25. März 1948 in Den Haag, die anderen drei vom 11. April bis 16. Mai 1948 in Moskau statt.

Bei diesem Turnier eroberte Botwinnik erwartungsgemäß und eindeutig die Weltmeisterschaft. Er errang den ersten Platz mit drei Punkten Vorsprung und bezwang obendrein alle Gegner. Gegen Smyslov gewann er mit 3:2, gegen Keres 4:1, gegen Reshevsky 3½:1½ und gegen Euwe 3½:1½.

Der Endstand lautete: 1. Botwinnik (14), 2. Smyslov (11), 3.-4. Keres und Reshevsky (10½), 5. Euwe (4).

Mit der Eroberung der Weltmeisterschaft hatte Botwinnik sein Ziel erreicht. Nun konnte er sich seinen anderen Interessen widmen. Der Elektroingenieur widmete sich intensiv wissenschaftlichen Arbeiten und promovierte. Drei Jahre lang beteiligte er sich an keinem Turnier.

Die FIDE legte anlässlich der Ausschreibung des Matchturniers um die Weltmeisterschaft auch den Modus für die Verteidigung fest. Danach muss der Weltmeister alle drei Jahre seinen Titel in einem Match gegen den Großmeister verteidigen, der die Ausscheidungskämpfe der Kandidaten gewonnen hat. (Für dieses Kandidatenturnier werden die Besten - ihre Zahl wird jeweils vorher festgelegt - aus dem Interzonenturnier des Vorjahres eingeladen. Das Interzonenturnier wiederum vereint die erfolgreichsten Spieler der ein weiteres Jahr zuvor ausgetragenen Zonenturniere.)

1950 wurde in Budapest das erste Kandidatenturnier veranstaltet. D. Bronstein, der jüngste Großmeister seiner Zeit und I. Boleslawski teilten sich den 1.-2. Platz. Der zwischen ihnen notwendig gewordene Zweikampf wurde von Bronstein mit 7½:6½ gewonnen. Damit war Bronstein der erste Herausforderer des Weltmeisters Botwinnik.

Am 15. März 1951 wurde das Match Botwinnik - Bronstein in Moskau eröffnet. Es waren 24 Partien vorgesehen, wobei im Falle eines Unentschiedens der Weltmeister seinen Titel behalten sollte. Mit Mühe konnte Botwinnik seinen Titel mit 12:12 (14 Remisen) erfolgreich verteidigen. Nach dem Match erkannte Botwinnik selbst, dass es ihm nicht zuträglich gewesen war, den Turnieren so lange fernzubleiben

Im November/Dezember 1951 beteiligte sich Botwinnik am Finale der XIX. Sowjetischen Meisterschaft in Moskau. Auch hier schnitt er nicht sonderlich gut ab. Landesmeister wurde Keres mit 12 Punkten. Es folgten: 2.-3. Geller und Petrosjan (11½), 4. Smyslov (11), 5. Botwinnik (10), 6.-8. Bronstein, Awerbach und Taimanov (9½) bei 18 Teilnehmern.

Die Rückschläge waren für Botwinnik noch nicht zu Ende. Beim Maroczy - Gedenkturnier in Budapest 1952 landete er hinter Keres (12½) und Geller (12) gemeinsam mit Stahlberg und Smyslov nur auf dem 3.-5. Platz.

Dank seiner großen Willensstärke überwand Botwinnik bald alle Schwierigkeiten. Er gewann das Finale der XX. Sowjetischen Meisterschaft 1952. Nach siebenjähriger Unterbrechung gelang es ihm erneut die Landesmeisterschaft an sich zu bringen. Der Endstand war: 1.-2. Botwinnik und Taimanov (13½) (Im Stichkampf gegen Botwinnik unterlag Taimanov 2½:3½), 3. Geller (12), 4.-5. Boleslawski und Tolusch (11½), 6. Kortschnoi (11), 7.-9. Bronstein, Smyslov und Moissejev (10½), 10.-11. Keres und Suetin (9½) bei 20 Teilnehmern.

1954 musste Botwinnik erneut zur Titelverteidigung antreten. Der Herausforderer war diesmal Wassily Smyslov. Das Match ging vom 16. März bis 13. Mai 1954 und wurde in Moskau ausgetragen. Es waren wie bei Botwinnik - Bronstein 24 Partien vorgesehen, im Falle eines Unentschiedens sollte der Weltmeister seinen Titel behalten. Das Match endete wiederum unentschieden 12:12.

Somit verteidigte Botwinnik seinen Titel. Allerdings blieb erneut die Frage offen, ob die Ausschreibung der FIDE, wonach auch ein unentschiedener Ausgang zur Verteidigung der Weltmeisterschaft genügt, richtig sei.

Im September 1954 beteiligte sich Botwinnik in Amsterdam erstmals an einer Schacholympiade. (In Helsinki war er 1952 wegen eines Trauerfalls nicht dabei.) Er spielte am Spitzenbrett und erzielte mit 8½ Punkten aus 11 Partien das beste prozentuale Ergebnis.

Im Finale zur XXII. Sowjetischen Meisterschaft, das im Februar/März 1955 ausgetragen wurde, belegte er nur den 3.-6. Platz. 1.-2. Geller und Smyslov (12), 3.-6. Botwinnik, Iljiwizki, Petrosjan und Spassky (11½), 7.-8. Keres und Taimanov (11).

Auf der 12. Schacholympiade 1956 in Moskau spielte Botwinnik wiederum am Spitzenbrett und erzielte 9½ Punkte aus 13 Partien. Mit 73 Prozent der möglichen Punkte übertraf er alle anderen an diesem Brett spielenden Großmeister. Zwei Wochen später errang er gemeinsam mit Smyslov beim Aljechin-Gedenkturnier in Moskau den 1.-2. Platz. Botwinnik holte 11 Punkte aus 15 Partien.

Vom 5. März bis 27. April 1957 wurde das zweite Weltmeisterschaftsmatch zwischen Botwinnik und Smyslov (Gewinner des Kandidatenturniers in Amsterdam 1956) in Moskau ausgetragen. Der Spielmodus war der gleiche wie bei den beiden letzten Weltmeisterschaften. Nach der 22. Partie hatte Smyslov bereits die für den Sieg notwendigen 12½ Punkte zusammen und eroberte mit 12½:9½ (13x remis) den Weltmeistertitel. Bestimmt glaubten nur wenige, dass er den Weltmeisterthron nur ein einziges Jahr besitzen würde.

Die damals geltenden Bestimmungen der FIDE berechtigten den unterlegenen Exweltmeister, seinen Bezwinger innerhalb eines Jahres zu einem Revanchematch um die Weltmeisterschaft herauszufordern. Botwinnik machte von diesem Recht Gebrauch. Das Revanchematch, das in Moskau stattfand, begann am 4. März 1958 und endete am 9. Mai 1958 mit 12½:10½ für Botwinnik. Nachdem Botwinnik seinen Titel zurückerobert hatte, erzielte er auf der Münchener Schacholympiade mit 9 Punkten aus 12 Partien die beste Leistung am Spitzenbrett.

Ende Oktober 1958 gewann Botwinnik ein kleines mit 6 Teilnehmern bestrittenes Turnier in Wageningen (Holland). Mit 3 Siegen und 2 Unentschieden (gegen Flohr und Bouwmeester) wurde er ungeschlagen Erster vor Donner und Flohr (je 3 Punkte). Nach dem Turnier legte Botwinnik wiederum eine längere Turnierpause ein. 1959 nahm er nur an Mannschaftskämpfen teil.

1960 trat Botwinnik erneut in die Schranken um seinen Weltmeistertitel gegen den 23-jährigen Herausforderer Michail Tal zu verteidigen. Der auf 24 Partien angesetzte Wettkampf fand vom 15. März bis 7. Mai 1960 in Moskau statt. Nach der Hälfte der Distanz führte Tal bereits mit 7:5 Punkten. Es folgte eine Serie von 4 Remis, aber dann gewann Tal die 17. Partie und baute seinen Vorsprung auf 10:7 aus. Es folgte ein Remis in der 18. Partie und ein Sieg des Herausforderers in der 19. Partie zum 11½:7½ was die Vorentscheidung bedeutete. Nach zwei Remis in den letzten beiden Partien entthronte Tal den Titelverteidiger mit 12½:8½ Punkten und war damit der jüngste Weltmeister der Schachgeschichte.

Nach dem Titelverlust bereitete sich Botwinnik intensiv auf das Revanchematch vor, um die enthüllten Fehler und Schwächen Tals praktisch ausnutzen zu können.

Bis zu dem Rückkampf beteiligte sich Botwinnik nur an Mannschaftsturnieren - unter anderem an der 14. Schacholympiade in Leipzig 1960. Hier erreichte er am zweiten Brett mit 8 Siegen und 5 Unentschieden 81 Prozent der möglichen Punkte, was das beste Resultat an diesem Brett bedeutete.

Vom 15. März bis 12. Mai 1961 wurde der Revanchekampf um die Weltmeisterschaft zwischen Tal und Botwinnik in Moskau ausgetragen. Nach 15 Partien führte Botwinnik bereits mit 10:5 (!) Punkten was mehr als die halbe Miete bedeutete. Schließlich gewann Botwinnik das Match mit 13:8.

Botwinnik hatte damit zum zweiten Male die Weltmeisterschaft zurückerobert. Für den 50-jährigen war dieser gegen einen 25 Jahre jüngeren Partner errungene Erfolg zweifellos eine großartige Leistung. Trotzdem konnte der Ausgang nicht bemänteln, dass das Recht auf ein Revanchematch anfechtbar war. Fasst man die Resultate zusammen, die Botwinnik in den 6 Matchen seit der Eroberung der Weltmeisterschaft im Jahre 1948 erzielt hatte, so ergibt sich nämlich, dass er von 135 Partien 34 gewann, und ebenso viele (!) verlor, während 67 remis endeten.

Obwohl er kein Plus verbuchen konnte, besaß er dennoch - nach 13 Jahren - noch immer den Weltmeistertitel. Diese Bilanz hat sicher mit dazu beigetragen, dass die FIDE dem Weltmeister im Falle einer Niederlage nur noch ein letztes Mal das Recht auf einen Revanchewettkampf innerhalb eines Jahres zugestand, und ab 1964 diese Regelung aufhob.

1961 beteiligte sich Botwinnik an der 2. Europameisterschaft in Oberhausen. Er erzielte am Spitzenbrett der sowjetischen Auswahl - zumeist gegen Großmeister - 67 Prozent der erreichbaren Punkte. Er vollbrachte damit die beste Leistung an diesem Brett.

Im Dezember 1961 und im Januar 1962 siegte er überlegen in zwei je 10 Teilnehmer umfassenden kleinen Turnieren. In Hastings erreichte er 8 Punkte aus 9 Partien und in Stockholm 8½ aus 9.

Auf der Schacholympiade in Warna 1962 erreichte er am Spitzenbrett 8 aus 12, was 67 Prozent der möglichen Punkte bedeutete und er damit nur den 6.-7. Platz unter den am ersten Brett spielenden Teilnehmern einnahm.

1963 kam es zum Titelkampf um die Weltmeisterschaft zwischen Botwinnik und dem 18 Jahre jüngeren Armenier Tigran Petrosjan. Der Wettkampf in Moskau war auf 24 Partien angesetzt und ging vom 23. März bis 20. Mai 1963. Nach 22 Partien war die Weltmeisterschaft entschieden. Tigran Petrosjan entthronte den Titelverteidiger mit 12½:9½ Punkten (15 Remisen).

Zum letzten Male stand dem unterlegenen Weltmeister das Recht zu, seinen Bezwinger innerhalb eines Jahres zu einem Revanchewettkampf herauszufordern. Botwinnik machte jedoch diesmal von seinem Recht keinen Gebrauch. Er sah offenbar ein, dass er mit 53 Jahren vor allem die psychologischen Anforderungen solch eines zwei Monate währenden Ringens nicht mehr bewältigen könne.

1963 gewann Botwinnik ein kleines Internationales Turnier in Amsterdam. 1964 beteiligte er sich zum letzten Male an einer Schacholympiade.

Auf der Olympiade in Tel Aviv spielte er am 2. Brett hinter Petrosjan. Er erreichte 9 Punkte aus 12 Partien und damit das beste Resultat an diesem Brett.

Im Februar 1965 gewann er in Noordwijk ein Turnier mit 6 aus 7 und beteiligte sich anschließend an der 3. Europamannschaftsmeisterschaft in Hamburg wo er ein Fiasko erlitt und mit 3½ Punkten aus 8 Partien eine negative Bilanz hinnehmen musste.

Im Juli 1966 gewann er ein Turnier in Amsterdam mit 7½ aus 9.

Nach elfjähriger Pause nahm Botwinnik erstmals wieder an einem größeren Einzelturnier teil. Unter 18 Spielern landete er in Palma de Mallorca (November 1967) gemeinsam mit Smyslov auf dem 2.-3. Platz, wobei er den Sieger Larsen (13 Punkte) bezwingen konnte.

In dem 14 Teilnehmer zählenden Turnier zu Monte Carlo (April 1968) erreichte Botwinnik 9 Punkte aus 13 Partien und wurde mit einem halben Punkt Rückstand hinter Larsen Zweiter.

Im Januar 1969 nahm Botwinnik am Turnier zu Beverwijk (Holland) teil, mit 10½ aus 15 teilte er sich mit Geller den 1.-2. Platz.

Dem beinahe im 58. Lebensjahr stehenden Exweltmeister gelang es, sein früheres hohes Ansehen zurückzugewinnen. Es wurden sogar Verhandlungen über ein Match Botwinnik - Fischer eingeleitet. Es sollte sogar schon der Zeitpunkt für den Wettkampf vereinbart werden, aber es kam anders. Botwinnik unterzog sich vor dem Match noch einer weiteren harten Kraftprobe.

Im Dezember 1969 beteiligte er sich am Belgrader Jubiläums - Großmeisterturnier und erreichte mit 8½ Punkten aus 15 Partien nur den 7. Platz. Das Interesse für das Match Botwinnik - Fischer verringerte sich, und die beiden Partner selbst begannen, dem Kräftemessen reservierter gegenüberzustehen.

In dem vom 29. März bis 5. April 1970 in Belgrad veranstalteten Mannschaftskampf UdSSR gegen Rest der Welt spielte Botwinnik am 8. Brett und erreichte 2½ Punkte aus 4 Partien.

Vom 18. April bis 8. Mai 1970 spielte Botwinnik sein letztes Turnier in Leiden (Holland). Hier erreichte er mit 5½ Punkten aus 12 Partien den geteilten 3.-4. Platz mit Larsen.

Insgesamt hat Botwinnik in seiner Laufbahn 1202 Partien gespielt (610 Gewinne, 139 Verluste und 453 Unentschieden), was beinahe 70 Prozent Gewinnpunkte sind. In 59 gespielten Turnieren wurde er 33mal Erster und 6mal teilte er die ersten zwei Plätze. Den 3. Preis (auch geteilt) erreichte er 6mal. Von 13 Wettkämpfen gewann er 6, verlor 3, und 4 endeten unentschieden. Er spielte bei 6 Olympiaden 73 Partien (39 Siege, 3 Verluste und 31 Unentschieden).

1970 beendete er seine praktische Laufbahn. Botwinnik kannte zeitlebens keinen Müßiggang. Er pflegte sich mit wissenschaftlicher Akribie auf jeden Gegner vorzubereiten, nach jeder Partie folgte eine gründliche analytische Auswertung. Auch das physische Training fehlte nicht in Botwinniks schachlichen Vorbereitungsprogrammen. Bekannt ist, dass er seinen Trainingspartner Ragosin bat, während ihrer Spiele zu rauchen, weil er sich so gegen Nikotin - Attacken im Turniersaal immunisieren wollte! Botwinnik hat unzählige literarische Werke verfasst, die allen Bereichen des Schachspiels gewidmet sind, zuletzt sogar dem Computerschach. Berühmt wurde auch seine Schachschule für talentierte Jugendliche in Moskau, aus der die späteren Weltmeister Anatoly Karpow und Garry Kasparow hervorgingen.

Botwinnik starb am 5. Mai 1995 in Moskau.

 

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