"Smyslovs
Spiel erinnert in seiner Klarheit und Logik an Capablanca. Er versteht es,
mit einfachen Mitteln scheinbar schwierige Probleme zu lösen." (Gideon
Stahlberg)
Wassili
Smyslov wurde am 24. März 1921 in
Moskau geboren. Mit 6 Jahren erlernte er das Schachspiel von seinem Vater,
der ihm nicht nur die Kenntnisse der Regeln und elementaren Grundlagen
beibrachte, sondern ihm auch wertvolle Bücher von Lasker,
Tarrasch und Tartakower
zur Verfügung stellte.
Aus
ihnen und später aus dem Schaffen von Nimzowitsch, Capablanca
und Aljechin hat er das
theoretische Grundwissen geschöpft, das ihn dank seiner Begabung und
intensiven Beschäftigung mit dem Schach bald zu höchsten Leistungen befähigte.
Er verdankte seinem Vater nicht allein die Kenntnis des praktischen
Spiels. Mit der Welt der Studien machte dieser ihn ebenfalls vertraut.
Smyslov gehörte zu den Spielern, die auch in Turnierpartien oft
studienartige Motive anwendeten. Später verfasste er sogar selbst mehrere
Studien, in denen er seine tiefen Gedanken in künstlerischer Form ausdrückte.
1937
wurde er mit 16 Jahren Spieler der 1. Klasse. Im Januar 1938 gewann er die
Meisterschaft der Schüler mit 8 Punkten aus 10 Partien. Im selben Jahr
teilte er mit Meister Belawenez die Moskauer Stadtmeisterschaft.
Das brachte ihm den Meistertitel ein.
Er
wurde bald einer der erfolgreichsten Teilnehmer bei den sowjetischen
Meisterschaften. Mit 20 Jahren war er bereits Großmeister. Mit voller
Kraft widmete er sich dem Studium der Schachtheorie und der
Turniertechnik. Schnell reifte er zu einem vielseitigen Spieler, der im
Positionskampf, im Angriff und bei taktischen Verwicklungen gleichermaßen
gewandt war. Smyslovs Hauptstärke war indessen der positionell-manövrierende
Stil und die Fähigkeit, auf diese Weise erreichte vorteilhafte Endspiele
mit ausgezeichneter Technik zum Siege zu führen.
Seine
Strategie war sehr tiefschürfend. Er fand in der scheinbar unverwundbaren
Stellung des Gegners die verborgenste Schwäche und legte sie dann
zielbewusst bloß.
1940
wurde er bei der XII. UdSSR-Meisterschaft in Moskau mit 13 Punkten aus 19
Partien dritter Preisträger. 1941 wurde er im Turnier um den Titel eines
absoluten Meisters der UdSSR mit 10 aus 20 erneut Dritter. Im Jahre 1942
gewann er die Meisterschaft von Moskau mit 12 aus 15.
1944
wurde er mit 10½ Punkten aus 16 Partien bei der XIII. UdSSR-Meisterschaft
in Moskau zweiter hinter Botwinnik.
Smyslov
erster Erfolg, der viele aufhorchen ließ waren seine beiden Gewinnpartien
gegen Samuel Reshevsky im
Radiowettkampf UdSSR - USA im Jahre 1945. Diese Leistung machte ihn weit
über die Kreise der Schachfans hinaus bekannt.
Im
Jahre 1946 erzielte Smyslov in Groningen (Holland) das erste
aufsehenerregende Ergebnis auf einem internationalen Einzelturnier. Er
wurde mit 12½ Punkten aus 19 Partien dritter hinter Botwinnik und Euwe.
Smyslov reihte sich damit in die Schar der "Großen" der
Schachwelt ein.
Beim
Internationalen Chigorin-Gedenkturnier 1947 in Moskau belegte Smyslov mit
10 aus 15 hinter Botwinnik und Ragosin, gemeinsam mit Boleslawski
den 3.-4. Platz.
Als
im Jahre 1948 durch das Weltmeisterschaftsturnier
in Den Haag und Moskau der neue Weltmeister für den nach Aljechins
Tod verwaisten Schachthron gesucht wurde, errang Smyslov die höchste
Anerkennung der Schachwelt. Hinter Botwinnik belegte er mit 11 Punkten aus
20 Partien den zweiten Platz. Dank seinem großartigen Erfolg wurde er zu
einem Anwärter auf den Weltmeistertitel.
Im
November 1949 teilten sich Smyslov und David Bronstein
bei der XVII. UdSSR-Meisterschaft in Moskau den 1.-2. Platz. Ein Jahr später
erreichte er nur den 5.-6. Platz bei der Sowjetischen Meisterschaft.
Beim
Kandidatenturnier zur Weltmeisterschaft
1950 in Budapest, erreichte er mit 10 aus 18 den dritten Platz hinter
Boleslawski und Bronstein.
Im
Chigorin-Gedenkturnier in Leningrad 1951, an dem 11 Spieler teilnahmen,
siegte er überlegen mit anderthalb Punkten Vorsprung. Hingegen wurde er
bei der im gleichen Jahr ausgetragenen UdSSR-Meisterschaft, obwohl er
Botwinnik besiegte und hinter sich ließ, nur Vierter. Auch im nächsten
Jahr war er bei der Landesmeisterschaft nicht vom Glück begünstigt. 1952
wurde er sogar nur Siebenter bis Neunter! Im Budapester
Maroczy-Gedenkturnier konnte er allerdings zuvor hinter Keres und Geller,
gemeinsam mit Botwinnik und Stahlberg, den 3.-5. Platz erreichen.
Im
Bukarester Turnier 1953 galt Smyslov als Favorit, doch erlitt er gegen den
damals 16-jährigen Boris Spassky
eine Niederlage und landete schließlich auf dem dritten Platz.
In
Neuhausen und Zürich 1953, gewann Smyslov das zweite Kandidatenturnier
mit 18:10 und mit zwei Punkten Vorsprung vor Bronstein, Keres
und Reshevsky, die sich den 2.-4. Platz
teilten. Smyslov erwarb sich durch den Gewinn des Kandidatenturniers das
Recht, mit Weltmeister Michail Botwinnik um die Weltmeisterschaft zu
spielen.
Am
16. März 1954 begann der Wettkampf um die Weltmeisterschaft
zwischen Botwinnik und Smyslov in Moskau. Schon zu Beginn des Wettkampfes
konnte Botwinnik einen großen Vorsprung erringen. Nach sechs Partien
stand es 4½:1½ zugunsten des Titelverteidigers. Nur wenige glaubten
noch, dass Smyslov diesen erheblichen Nachteil aufholen könne. Smyslov
warf aber jetzt alles in die Waagschale. Er erwies sich in dem weiteren
Kampf nicht nur als großer Stratege und Taktiker, sondern auch als großer
Psychologe und erfindungsreicher Meister der Verteidigung. Das Match
endete schließlich am 13. Mai 1954 mit unentschieden 12:12. Nach dem
Reglement der FIDE blieb Botwinnik damit Weltmeister.
Vorerst
gelang es Smyslov nur mit dem Weltmeister gleichzuziehen, erobern konnte
er den Titel noch nicht. Das forderte weitere anstrengende Arbeit, sowohl
bei der Vorbereitung als auch im Turnierspiel.
1954/55
teilten sich Smyslov und Keres den 1.-2. Platz in Hastings. 1955
wurde er Erster in Zagreb mit 14½:4½ ohne Verlust.
Bei
der XXII. UdSSR - Meisterschaft 1955 in Moskau belegte er mit 12:7
gemeinsam mit Geller den 1.-2. Platz. Den Stichkampf um den Landestitel
gewann Geller mit 4:3.
Eine
neue Gelegenheit, sich die Berechtigung zum Wettkampf gegen den
Weltmeister zu erwerben, bot Smyslov das Amsterdamer Kandidatenturnier
1956. Hier wurde er mit 11½:6½ und anderthalb Punkten Vorsprung vor
Keres Erster. Es folgten L. Szabo, Spassky, Petrosjan,
Bronstein und Geller, die alle fünf die gleiche Punktzahl erreichten.
Beim
Aljechin-Gedenkturnier 1956 in Moskau, teilten sich Smyslov (11:4) und
Botwinnik gemeinsam den 1.-2. Platz.
Nachdem
Smyslov 1956 das Kandidatenturnier in Amsterdam gewonnen hatte, war er nun
erneut Herausforderer Botwinniks. Das Match
ging vom 5. März bis zum 27. April 1957 und wurde in Moskau ausgetragen.
Diesmal, im zweiten Anlauf, gelang es Smyslov den Weltmeister mit 12½:9½
zu schlagen. Der neue Weltmeister wurde von der Schachwelt bejubelt.
Botwinnik aber begann sich sofort auf den Revanchekampf vorzubereiten.
Neun Jahre lang hatte er den Weltmeistertitel getragen, und er fühlte,
dass er alle Chancen besaß, ihn zurückzuerobern.
Botwinnik
nahm sein Recht auf ein Revanchematch um
die Weltmeisterschaft in Anspruch, dass dann zwischen März und Mai 1958
in Moskau gespielt wurde. Smyslov verlor seinen Titel mit 10½:12½ und
war damit nur für ein Jahr und 12 Tage Weltmeister gewesen. Zwar war
Smyslov nur ein Jahr lang Weltmeister, sein schachlicher Rang und seine
schachgeschichtliche Bedeutung sind trotzdem hervorragend.
Smyslov
war also nicht mehr Weltmeister, aber er blieb Weltklasse und seine
Schachkunst strahlte weiter! Nach einer kurzen Pause kam Smyslov bald
wieder in Schwung und siegte im internationalen Turnier des Moskauer
Zentralen Schachklubs 1959 gemeinsam mit Bronstein und Spassky.
Zwischen
Oktober und November 1959 fand das nächste Kandidatenturnier
statt. Acht Spieler kämpften in vier Durchgängen. Das bedeutete 28
Partien für jeden Teilnehmer. Gespielt wurde in Bled, Zagreb und Belgrad.
Smyslov wurde mit 15:13 Vierter. Das Turnier gewann Michail Tal,
vor Smyslov, Fischer, Gligoric, Olafsson und Benkö.
Während
er sich in den sowjetischen Meisterschaften mit bescheidenen Leistungen
begnügen musste, belegte er in den großen internationalen Turnieren
meistens einen der vorderen Plätze.
In
den internationalen Turnieren des Moskauer Zentralen Schachklubs errang er
1960 und 1961 den geteilten ersten Preis. 1963 war er alleiniger Sieger.
1964
siegte er mit Larsen, Spassky und Tal im Amsterdamer
Interzonenturnier.
1965
verlor er in Moskau das Viertelfinale der
Kandidaten gegen Geller mit 2½:5½.
1965
gewann er das Capablanca-Gedenkturnier in Havanna vor Fischer.
Er
siegte in Santiago 1965, Mar del Plata 1966, Polancia Zdroy 1966, Hastings
1968/69 und Monte Carlo 1969.
Beim Interzonenturnier
Palma de Mallorca 1970 teilte er sich mit 13½ Punkten zusammen mit dem
Ungarn Lajos Portisch den 7.-8. Platz.
Im
Kampf des Jahrhunderts UdSSR gegen den Rest der Welt 1970 in Belgrad
spielte Smyslov am sechsten Brett. Aus vier Partien erzielte er 2½
Punkte. Gegen Reshevsky, dem er dreimal gegenübersaß, hielt er mit 1½:1½
unentschieden. In der letzten Partie war sein Gegner der Reservespieler
Olafsson, gegen den er gewann.
Im
Aljechin-Gedenkturnier 1971 wurde er Dritter und Erster in Cienfuegos
1973.
Beim
Interzonenturnier Petropolis (Brasilien)
1973 erreichte er mit 11 Punkten den 5. Platz.
Smyslov
wurde erster in Reykjavik 1974 und zweiter in Teesside 1975.
Beim
Interzonenturnier in Biel 1976 wurde
Smyslov mit 11½ Punkten Fünfter und konnte sich mit diesem Ergebnis
nicht für die Kandidatenwettkämpfe qualifizieren.
In
Buenos Aires 1978 und in Moskau 1981 belegte er jeweils den zweiten Platz.
1982
wurde Smyslov im Alter von 62 Jahren zweiter hinter Ribli im Interzonenturnier
Las Palmas mit 8½:4½.
Das
Viertelfinalmatch der Kandidaten 1983 in Velden gegen Robert Hübner,
spielte er mit 7:7 unentschieden. Eine Roulettekugel musste nun die
Entscheidung bringen. Smyslov wählte die rote, Hübner die schwarze
Farbe. Die erste Drehung ließ die Kugel auf 0 und Grün fallen! Beim
zweiten Versuch landete die Kugel schließlich auf Rot 3. Smyslov war
damit eine Runde weiter. Das Halbfinale 1983 in London gewann Smyslov mit
6½:4½ gegen Ribli. Das Finale der Kandidaten 1984 in Vilnius verlor er
mit 4½:8½ gegen Kasparow.
1984
gewann Smyslov ein Turnier in Graz mit 9:3.
1991
wurde er siebzigjährig in Bad Wörishofen Senioren-Weltmeister.
Smyslov
spielte 89 Weltmeisterschaftspartien mit einem Score von 46:43 (44
Remisen). Auf Olympiaden spielte er 113
Partien mit einem Score von 90:23 bei 42 Remisen und nur 2 (!)
Verlustpartien. Seine höchste erreichte
Elo-Wertung beträgt 2600. Er spielte über 1600 Partien mit einer
Gewinnausbeute von über 60 Prozent.
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