Bendorf.
Nach 1997 trat in den letzten Tagen des vergangenen Jahres nun zum zweiten Mal eine Nachwuchsmannschaft unseres Vereins zu einer Deutschen Vereins Meisterschaft an. Damals konnte ein durchaus leistungsgerechter 7. Platz herausgespielt werden, obwohl selbst ein Medaillenplatz in greifbarer Nähe war.
Auch wenn der 2. Platz Qualifikationsrunde mit einem 0:4 im letzten Spiel der Sachsenliga sogar noch etwas dünn ausgefallen war, konnte das Team auf ganzer Strecke überzeugen, da man auf den Brettern ein durchaus hohes Niveau antraf. Über das Ziel war man sich lange uneinig, zum einen waren die DWZ-Zahlen schon etwas älter, zum anderen gibt es zwischen den Wertungssystemen der verschiedenen Bundesländer doch erhebliche Unterschiede. Letztendlich sollte es eine Platzierung zwischen 3 und 10 sein, obwohl man Höheres nie ausschloss.
Zu den schon 1997 aktiven Matthias Hörr und Lion Pfeufer hatte die U16 Mannschaft dieses Jahr Daniel Butzke am 3. Brett und Franz Tobias an Brett 4 im Boot. Des weiteren trat mit Michael Buschmann ein Auswechselspieler die Bahnfahrt nach Bendorf bei Koblenz mit an. Diese begann aufgrund von Schneeverwehungen mit einem Autotransfer nach Hof. Und da der ab Hof abfahrende Bummelzug noch eine Ausweichroute fahren musste, waren die reservierten Plätze im Eimer. Die 2 Stunden Verspätung waren nicht weiter tragisch, da am Anreisetag keine Runde gespielt wurde.
Am nächsten Tag begann der erste Teil der Doppelrunde mit einem Paukenschlag. Daniel hatte seinen Gegner nach dessen extrem fehlerhaften Eröffnungsbehandlung schnell sämtliche Trümpfe aus der Hand genommen, und auch Tobias begann gar nicht erst mit viel Federlesen. Mit den 2 Punkten tat es nicht weh, dass Lion gegen seinen schwachen Kontrahent remisierte, zumal auch seine Position am Anfang einen sehr ungesunden Eindruck machte. Matthias hatte keine Probleme mit seiner Partie. Der Gegner fand keinen Gefallen an seinem Läuferpaar und tauschte es bereitwillig gegen 2 Springer, die Zeitüberschreitung in verlorener Stellung gab ihr übriges. Ein fetter 3½:½-Erfolg als Einstand lässt doch auf ein gutes Turnier hoffen.
R1 | SK König Plauen | - | SF 1974 Heinsfeld | 3½ | : | ½ | ||
1 | Hörr, Matthias | 1882 | - | van Orsouw, Niclas | 1718 | 1 | : | 0 |
2 | Pfeufer, Lion | 1778 | - | Hoffmann, Udo | 1534 | ½ | : | ½ |
3 | Butzke, Daniel | 1777 | - | Vieten, Florian | 1364 | 1 | : | 0 |
4 | Franz, Tobias | 1807 | - | Wilms, Stephan | 1344 | 1 | : | 0 |
Wie auch schon vor 4 Jahren bescherte uns die 2. Runde den an Nr. 1 gesetzten Verein. Diesmal nahm der SV Stade diese Stellung ein, aber warum sollte man sich deshalb mit einer Außenseiterchance vertrösten? Die Gegner hatten alle Zahlen, die unserer Vierer auch im Jugendbereich im Griff hatte. Diesmal war es unser Spitzenbrett, dass sich in der Eröffnung ein klein wenig verhedderte - ein nahezu unscheinbarer Fehler gab dem Niedersachsen ein beträchtliches Spiel in der h-Linie. Die Null stand schnell auf dem Papier, und an den anderen Brettern sah es eher wechselhaft aus. Lions Partie schien remis zu enden, und bei Tobias am Schlussbrett konnte man trotz der zwei Minusbauern auf die Punkteteilung hoffen, die Stellung von Daniel war aber sehr unklar - beide Könige hatten am Königsflügel ohne viel Schutz ihr Lager aufgeschlagen und schauten den feindlichen Damen in die Augen. Zur kritischen Situation kam es, als Lion mehr glücklich als verdient einen halben Punkt abkassierte und Tobias eine Zugwiederholung auf dem Brett hatte. Mannschaftsleiter Matthias richtet daher sein Augenmerk auf die Stellung am 3. Brett. Daniel überlegte schon eine geschlagene halbe Stunde, obwohl gegen das drohende Matt nicht viele Züge zur Verfügung standen. Matthias sah in dem Spiel maximal noch einen halben Zähler und so musste Tobias weiterspielen. Zum Schluss verloren beide, wobei sich mit der Uhr an Brett 4 noch ein Skandal abzeichnete. Bisher gab man sich noch zufrieden, obwohl es klar war, dass das Blättchen des Staders nie fallen würde - selbst als der große Zeiger die 6 passierte, machte es keinerlei Anstalten die Erdanziehungskraft wirken zu lassen. Nun kam aber etwas richtig Verrücktes dazu. Kurz vor der Zeitkontrolle (Tobias hatte noch gut 7 Minuten) sprang die Uhr um sage und schreibe 25 Minuten zurück. Da aber weder David Copperfield noch Harry Potter körperlich anwesend waren, lag eine Betrug des Plaueners nahe. Aber wer dreht sich schon vor 100 Mann eine gute halbe Stunde ran??? Der Vorfall wurde mit einer Zeitstrafe geahndet, wodurch es nochmal etwas knapp mit der Zeit wurde. Dieses Phänomen wiederholte sich später übrigens, womit die Unschuld unseres Mitspielers bewiesen wurde. Doch zum Lachen wurde es uns auch nicht nach dem Besuch beim einheimischen Türken, der wohl zwischen Döner und Pizza keinen Unterschied machte und für 7 Mark eine Zwischenform verkaufte.
R2 |
SK König Plauen |
- |
Stader SV |
½ |
: |
3½ | ||
1 | Hörr, Matthias | 1882 | - | Scholvin, Björn | 1969 | 0 | : | 1 |
2 | Pfeufer, Lion | 1778 | - | Abraham, Jan Willem | 1832 | ½ | : | ½ |
3 | Butzke, Daniel | 1777 | - | Gezici, Marten | 1671 | 0 | : | 1 |
4 | Franz, Tobias | 1807 | - | Cordes, Till | 1626 | 0 | : | 1 |
Am zweiten Tag ging es zu erst gegen das Schlusslicht der Startrangliste, den Hamburger SK. Wieder stellte sich Matthias in der Eröffnung sträflich an. Ein Bauer weniger und eine Stellung wie hingeworfen waren das Resultat. Daniel hingegen befand in seiner Hausvariante und hatte die Stellung im Griff, mit einem eher ungewollten Turmopfer gab er dem schwarzen König den Rest. Tobias hatte nach ungewöhnlichem Kampf im Endspiel einen Bauern mehr und Lion machte remis. Matthias, unser Topscorer aus der Qualifikation hatte im Mittelspiel einen weiteren Bauern gegeben, der Angriff brachte leider nichts. Das Endspiel hätte aber fast schon Studienwert, wenn doch 10 Züge vor Schluss mal Weiß am Zug gewesen wäre. Eine waghalsige Aktion brachte den Hamburger nochmal arg ins Schwitzen. Zum Schluss hin fehlte dann aber halt doch der eine Zug. Trotzdem stand ein Sieg zu Buche, wenn auch kein hoher.
R3 |
Hamburger SK 1830 |
- |
SK König Plauen | 1½ |
: |
2½ | ||
1 | Schnock, Stefan | 1582 | - | Hörr, Matthias | 1882 | 1 | : | 0 |
2 | Kaczmarowski, Matth. | 1518 | - | Pfeufer, Lion | 1778 | ½ | : | ½ |
3 | Stellwagen, Robin | 1600 | - | Butzke, Daniel | 1777 | 0 | : | 1 |
4 | Möller, Hendrik | --- | - | Franz, Tobias | 1807 | 0 | : | 1 |
Am Nachmittag brachte die Auslosung die SG Porz. Und wieder standen uns zwei ungeliebte e5-Spieler gegenüber. Diesmal lief in der Eröffnung alles glatt. Matthias hatte eine von ihm bevorzugte Stellung erreicht. Daniel übernahm schnell einen Bauern aus dem feindlichen Lager und drang mit den Türmen auf der 7. Reihe ein - wiederum war er souveräner Sieger. Am 2. und 4. Brett stand es ausgeglichen. Beide Partien dümpelten vor sich her bis man sich schließlich einigte, aber wohl auch nur, weil der Porzer am 1. Brett die Oberhand gewann. Matthias startete sein Manöver wohl 2 oder 3 Züge zu früh, und wollte im Endspiel keine rein defensive Rolle spielen. Und anstatt die Sache am Damenflügel zuzuschieben begann er mit seinem verbleibenden Springer zu hantieren. In dieser Zeit konnten sich die gegnerischen Türme einnisten. Es entstand eine sehr merkwürdige Stellung wo Weiß mit 2 Türmen in Zugzwang gerat und verlor.
R4 |
SG Porz |
- |
SK König Plauen | 2 |
: |
2 | ||
1 | Ostrowski, David | 1918 | - | Hörr, Matthias | 1882 | 1 | : | 0 |
2 | Karmann, Alexander | 1856 | - | Pfeufer, Lion | 1778 | ½ | : | ½ |
3 | Rudnik, Kirill | 1652 | - | Butzke, Daniel | 1777 | 0 | : | 1 |
4 | Gossmann, Gera | 1622 | - | Franz, Tobias | 1807 | ½ | : | ½ |
Nach 4 Runden konnte man auf ein unerwartet starkes Unterhaus blicken. Und auch mannschaftsmäßig war ein 5:3 an für sich keine schlechte Bilanz, wenn man vorne noch etwas erwarten könne, wäre das Turnier doch anständig zu beenden ...
Mit dem SC Pirmasens kam in der nächsten Runde erstmal kein unangenehmer Gegner an die Bretter. Matthias hatte aus seiner Niederlage in der 2. Runde gelernt und spielte die Eröffnung diesmal richtig, und ein etwas schwer zu findender Zug brachte eine wundervolle Stellung ein, doch anstatt auf simpelste Weise eine Qualität abzuholen machte er im Widerspruch zu seinen Gedanken einen Fingerfehler und hatte nun einen Turm gegen 2 Figuren - bei einer deutschen Meisterschaft sollte das wirklich nicht passieren. Lions Remis war eingeplant und auch bald perfekt, und auch Daniel kam dahinter nicht über einen halben Zähler hinaus. Schade, dass Tobias diesmal den Bock abschoss und verlor, denn nach einem Sieg sah es vorne nicht aus. Der Gegner führte seinen König bei vollem Brett zwar bis auf die 7. Reihe, doch auch der Computer findet keinen Gewinn. Aber nach dem Partienverlauf muss man mit dem entstandenen Remis zufrieden sein, auch wenn die Mannschaft verloren hatte. Jedem war klar, dass man sich mit 5 abgegebenen Punkten keine Hoffnung mehr auf einen Medaillenplatz machen konnte.
R5 |
SK König Plauen |
- |
SC Pirmasens | 1½ |
: |
2½ | ||
1 | Hörr, Matthias | 1882 | - | Dietzsch, Michael | 1842 | ½ | : | ½ |
2 | Pfeufer, Lion | 1778 | - | Dietzsch, Christian | 1705 | ½ | : | ½ |
3 | Butzke, Daniel | 1777 | - | Zawierta, Maciej | 1699 | ½ | : | ½ |
4 | Franz, Tobias | 1807 | - | Siewert, Mathias | 1588 | 0 | : | 1 |
Aber die Ziele waren ja bekanntlich auch andere. Der SV Osnabrück sollte doch auch noch eine Möglichkeit bieten, im Verfolgerfeld zu bleiben. Doch Daniel sah in dieser Runde keinen Stich. Sein Gegenüber besetzte die c-Linie und steuerte auf Sieg zu. Aber noch schlimmer sah es diesmal bei Lion aus. Der Osnabrücker opferte in der Eröffnung eine Figur und trieb Lions Monarchen über den ganzen Damenflügel. Nur der Niedersachse weiß wohl, warum er remisierte. Ähnlich sah es auch am ersten Brett aus. Nur das hier schon entgegengesetzt rochiert wurde und beide Parteien wie wild geworden aufeinander losgingen. Die Aktionen des Norddeutschen am Königsflügel waren wohl etwas zwingender. So kam es dann auch, dass er als erster eine Qualität ins Geschäft steckte, doch da er selbst auf Matt stand, sah er keine Möglichkeit, seinen Angriff noch einmal umzugruppieren - ein weiteres Turmopfer brachte ihm ein Dauerschach. Was nun am Schlussbrett passierte war wiederum Wahnsinn. Tobias musste in luftarmer Stellung remis ablehnen. Schön, das ihm der Gegner entgegenkam, indem er ungleiche Materialverteilung schaffte. Nach einem harten Kampf kam es zu einem Bauernendspiel, was der Osnabrücker noch gewinnen wollte, oder zumindest sehr aggressiv spielte. Aber nach dem Hochmut kommt bekanntlich der Fall - Tobias holte einen ganzen Punkt, und da ist es auch ganz egal, wie er vorher stand.
R6 |
SV Osnabrück |
- |
SK König Plauen | 2 |
: |
2 | ||
1 | Bäumler, Ilja | 1766 | - | Hörr, Matthias | 1882 | ½ | : | ½ |
2 | Förster, Tobias | 1686 | - | Pfeufer, Lion | 1778 | ½ | : | ½ |
3 | Prenzler, Daniel | 1582 | - | Butzke, Daniel | 1777 | 1 | : | 0 |
4 | Collmann, Jan | 1473 | - | Franz, Tobias | 1807 | 0 | : | 1 |
An diesem Abend bot der Veranstalter ein kulturelles Highlight. Roberto Capitoni trat in einer Kabarettshow aus. Dem Rheinländischen Puklikum schien es zu gefallen, aber man merkte dem Kabarettisten schon an, dass er bei dem Schachspielerpublikum keine einfache Aufgabe zu bewältigen hatte. Trotzdem konnte er jedem Anwesenden einige Schmunzler aufs Gesicht zaubern.
Nach der sehr kurzen letzten Nacht wollte nun noch der SK Delbrück unser Können testen. Natürlich kam bei Matthias eine unbekannte Eröffnung aufs Brett, die seine müden grauen Zellen doch sehr anstrengten. Lion spielte auf einmal ganz anders. Sein entgegenkommender Gegner ließ sich sehr schnell überzeugen. Bei Daniel wollte zwar niemand an einen Sieg glauben, aber Tobias gewann nach passiven Start ein paar Bäuerlein und punktete ebenfalls. Matthias stand in seinem Spiel zwar nie besser, doch auch sein Gegner fand keinen richtigen Hebel und gab die Partie wie sein Kamerad am 3. Brett remis. Ein versöhnlicher 3:1 Sieg zum Schluss, welcher den 8. Platz bedeutete.
R7 |
SK Delbrück |
- |
SK König Plauen | 1 |
: |
3 | ||
1 | Meier, Jan | 1923 | - | Hörr, Matthias | 1882 | ½ | : | ½ |
2 | Wiebeler, Hendrik | 1686 | - | Pfeufer, Lion | 1778 | 0 | : | 1 |
3 | Ernstberger, Julian | 1426 | - | Butzke, Daniel | 1777 | ½ | : | ½ |
4 | Wiebeler, Christian | 1566 | - | Franz, Tobias | 1807 | 0 | : | 1 |
Im Vergleich zum 97er-Tunier sind wir damit um einen Platz gefallen. In beiden Turnieren war weit mehr drin, aber trotzdem ist die Platzierung keine Katastrophe. Man muss weiterhin sehen, dass wir bei diesem Turnier doch weit unter Niveau gespielt haben, während vor vier Jahren drei Spieler in Topform waren.
Matthias hatte in Koblenz am ersten Brett einen nicht unbedingt erforderlichen schweren Stand - einige Fehler in der Eröffnung und sein Formtief brachten ihm um ein positives Ergebnis. Die verlorenen 50 Wertzahlenpunkte waren daher leistungsgerecht. Lion hat am zweiten Brett ohne Frage mehr Punkte geholt und wahrscheinlich auch weniger Fehler gemacht, doch sieht es bald so aus, als entwickle er sich schachlich in die Richtung seines Vaters. Obwohl von den 6 Remisen keines geschoben war, so fehlte doch der immer der energische Versuch auf Gewinn zu spielen. All seine Partien waren weitestgehend risikolos gespielt, die schwächeren Gegner und die, durch den Wegfall von Matthias, erworbene Führungsrolle im Team erfordern aber eine andere Spielanlage. Völlig anders gestaltete sich das Spiel von Daniel. Oft waren völlig unklare Stellungen auf dem Brett. Schade nur, dass er manchmal selbst nicht durchblickte. Im Vergleich zur Vorrunde, konnte er aber am besten überzeugen. Tobias am 4. Brett kann derzeit auch nicht an seine Stäke aus der letzten Saison anschließen. In vielen Partien stand er sehr defensiv, und zwei der gewonnen Partien wären im Normalfall anders ausgegangen. Löblich ist trotzdem sein Kampfgeist und vor allem fragt er bei jedem Remisangebot ob er es annehmen soll, was ich bei den anderen immer noch vermisse. Dass er dabei auch ohne Murren in verdammt schlechten Stellungen das Remis ablehnt spricht doch für ihn. Des weiteren lag er mit Schätzungen, die den Ausgang seiner Partie betrafen immer richtig, was für den Mannschaftsleiter eine starke Hilfe war.
Für die gesamte Mannschaft bleibt zu sagen, dass im Gegensatz zur Sachsenliga die hinteren Bretter gefordert waren. Auf Länderebene lag die Ausbeute am Spitzenbrett bei 72%. Das dieses Ergebnis deutschlandweit nicht gehalten werden kann ist logisch, also muss von hinten mehr kommen. In der ersten Hälfte des Turniers war das auch so. Am 3. und 4. Brett kamen 2 Punkte, und der Rest war vorn schon noch drin. Doch gerade als sich das Oberhaus gefangen hat und einen ganzen Punkt holte wurde hinten verloren. Aber vielleicht kann man das alles besser machen, sollte es doch noch mal zu einer weiteren DVM reichen.
Matthias Hörr
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Hörr. Aktualisiert am 05. Januar 2002.