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David Delman: The Last Gambit
Chess, like life, is no game for fools.
George Santayana
Mehr Schach kann man sich in einem Krimi nicht wünschen.
Das Opfer und der vermeintliche Täter sind russische
Meister, Ort des Geschehens ist ein internationales
Turnier – das Capa-Open -, an dem selbst der Detektiv,
ein passionierter Schachfreak, mit freilich nur begrenzten
Fähigkeiten (ein "rating low enough for dogs
to urinate on it = 1155 USCF), teilnimmt. Bei letzterem
– er liebt es u.a. Bernstein versus Mieses, 1904,
nachzuspielen [1] – handelt es sich um Jacob, männlicher
Teil des Detektiv-Ehepaares Horowitz, das David Delman
mit einer ganzen Reihe von Titeln in die moderne Kriminalliteratur
einführte. Das Mordopfer ist Kaganowich, ein amerikanischer
Weltklassespieler russischer Abstammung, gut aussehend,
Frauenliebling und in dauernder Fehde mit Tsarow, der
sowjetischen Nummer 1 stehend. Hinzu kommen noch einige
andere skurrile Figuren, fast alle der Szene entstammend;
zusammen formen sie, gemessen am Schachanteil, den
Schachkrimi schlechthin. Ganz klar, dass dann auch die
Dreiteilung in Opening, Middle Game und End Game nicht
fehlen darf, ebenso wie eine Unzahl an Schachzitaten
aus berufenem Munde: Ruy Lopez, Lasker, Tartakower,
Chernev und wie sie alle heißen. Tatsächlich
liest sich das Buch hier am besten: als Turnierbeschreibung.
Und es gibt ja doch nichts Spannenderes als ein gutes
Schachturnier, oder? Zumindest tritt Delman nicht den
Gegenbeweis an, denn obwohl die Kriminalgeschichte fast
alle Ingredienzien eines einwandfreien Plots aufweist
– Liebe, Passion, Hass, Amerika und Russland, KGB
und CIA, Drohbriefe und Entführungen und jede Menge
sinistre Gestalten – läuft es doch einfach
nicht zusammen. Es fehlt das besondere Etwas, der gewisse
Kick, jene noch unaufgeklärte Fähigkeit, die
es großen Krimiautoren gestattet, Handlungen spannend
und interessant zu gestalten. So geschieht dem Leser,
was geschehen muss und was selbst der Held nicht verhindern
kann: "Suddenly Jacob yawned. It was an uncalculated
yawn, a yawn without a trace of ulterior motive
the yawn had slipped out. Zumindest erging es
mir so, aber wer weiß, möglicherweise geschieht
dem Buch da Unrecht, vielleicht ist es die typische
amerikanische Coolness, welcher der europäische
Leser eher verständnislos gegenübersteht,
die auf empfänglichere Seelen witzig wirken mag
(was sie wohl soll), die man aber übern großen
Teich nur als sinnfreies Wortgeplänkel und also
Langeweile entziffert.
In Erinnerung jedenfalls wird "The
last Gambit" nur als "Schachbuch" mit
wenigen gelungenen Aussagen à la " Chess
players, a diverse enough breed, all had that much in
common: the game first, civilities a distant second",
bleiben, als versuchter Krimi, in dem so häufig
vom Königlichen Spiel gesprochen wird wie
sonst nirgendwo (was die Frage offen lässt, was
denn schachlich Unbedarfte an dem Werkchen finden sollen),
mit einigen netten Gesten und Bildern, die den Schachfan
rühren werden: "Want a game Jacob
asked politely. The invitation was taken under advisement.
Do you have a rating?.
Vielleicht liest man es am sinnvollsten
als Einführung für Anfänger in die leicht-verrückte
Schachwelt.
--- Jörg Seidel, 05.08.2003 ---
[1]
Dies zumindest weist Jacobs und Delmans Kennerschaft
nach, denn mit der gewagten Königswanderung schuf
Bernstein tatsächlich eine herausragende Partie:
Bernstein,O - Mieses,J [B45]
DSB-14.Kongress Coburg (13), 1904
1.e4 c5 2.Nc3 e6 3.Nf3 Nc6 4.d4 cxd4 5.Nxd4 Nf6 6.Nxc6
bxc6 7.e5 Nd5 8.Ne4 f5 9.exf6 Nxf6 10.Nd6+ Bxd6 11.Qxd6
Ne4 12.Qd4 Nf6 13.Qd6 Ne4 14.Qb4 d5 15.Bd3 Qd6 16.Qxd6
Nxd6 17.f4 a5 18.Be3 Ba6 19.Kd2 Nc4+ 20.Bxc4 Bxc4 21.a4
Kd7 22.b3 Ba6 23.Bb6 Bc8 24.Ke3 Ra6 25.Bc5 Kc7 26.Kd4
Bd7 27.Rhe1 h5 28.Re5 g6 29.Rg5 Rg8 30.Ke5 Bc8 31.Re1
Ra8 32.Kf6 Bd7 33.g3 Rae8 34.Ree5 Rh8 35.Rxg6 Rh7 36.Rg7
Reh8 37.Rxh7 Rxh7 38.Kg6 Rh8 39.Kg7 Rd8 40.Rxh5 Be8
41.Rh7 Rd7+ 42.Kh6 Rxh7+ 43.Kxh7 Bh5 44.h4 Bd1 45.c3
Bxb3 46.g4 Kd7 47.g5 e5 48.f5 Bxa4 49.f6 1-0
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