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JK Mayo: "Cry
Havoc"
Cry 'Havoc,'
and let slip the dogs of war.
(Shakespeare, Julius Cäsar 3,1)
Jede Menge Vorschußlorbeeren schmücken den
Umschlag von "Cry Havoc; schnell geschrieben
soll es sein, spannend, intelligent und tatsächlich,
Mayo packt und fesselt den Leser von der ersten Seite
an – als der alte Literaturprofessor zwei ausgebuffte
Berufskiller nach allen Regeln der Kunst kaltstellt
– und
lässt ihn dann wieder fallen.
Die Enttäuschung des frühen Coitus Interruptus
wird auch nicht gemildert durch ein doch noch halbwegs
befriedigendes, zumindest spannendes Ende. Dazwischen
liegen einfach zu viele plane Dialoge, undurchschaubare
Verwicklungen, unglaubhafte Begebenheiten und zu viele
irrelevante Personen. Und auch die Geschichte eines
geheimdienstinternen Machtkampfes, sei er auch noch
so blutig, verwoben mit alten Kriegsverbrechen, organisierter
Kriminalität, diplomatischer Intrige und all das,
wirkt eher hausbacken, ja selbst der vielgelobte Spitzenspion
Harry Seddall, der in der Tradition Bonds und Hannays
stehen soll, entpuppt sich als blasierter schöne-Sprüche-Klopfer.
An Bösewichter zudem, die Shakespeare oder T.S.
Eliot zitieren, bevor sie killen, will man auch nicht
recht glauben.
Worauf man zumindest hoffen konnte, war
das Schach, nimmt man das dramatische Cover vom roten
Turm, in lohenden Flammen stehend, und vom in englische
Tracht gekleideten Springer ernst. Doch auch hier leider
Fehlanzeige. Nur ein einziges Mal findet das mitunter
so gewaltsame Spiel Erwähnung, um eine Außenseiterin,
das erste Opfer, zu charakterisieren: "
and
played chess by herself against a computer" (122),
was soviel heißt, wie: schaut, so seltsam war
die Frau. Darüber hinaus wird man nichts finden,
egal wie man es dreht und wendet.
Fazit: Man muss dem Umschlagrezensenten
widersprechen, der behauptet von nun an alles mit großer
Erwartung zu lesen, was der Feder Mayos entstammt. Genau
das Gegenteil ist der Fall, es sei denn – das nächste
Buch hätte wirklich was mit Schach zu tun!
(J K Mayo: Cry Havoc. A Harry Seddall Thriller. London 1993 (1990). 298 Seiten)
--- Jörg Seidel, 08.07.2003 ---
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