|
Rutherford Watters: Murder in Three Moves
If this mystery, this business of the death of Strang, were a chess-problem, a baffling problem, a good old-fashioned enigma by Sam Loyd, - how would you set about solving it?
Es ist doch eine Freude – eine viel zu seltene
leider – ein wirklich rundes Buch besprechen zu
dürfen. Hinter dem unscheinbaren Titel "Murder
in Three Moves" verbirgt sich ein solches.
Nur zwei Mal hat der irische Dichter
Rutherford Watters (1919-1982), der sich einen Namen
in der gälischen Literatur als Poet machte [1], sich
fürs Englische entschieden und dies – soweit
lässt sich nach der Lektüre dieses Krimis
schließen – mit bemerkenswerter Virtuosität.
Nur manchmal kann er es sich nicht verkneifen, den eigenartigen
Klang seiner so einzigartigen Muttersprache hören
und lesen zu lassen. Dominant bleibt trotz allem jener
typisch gehobene englische Plauderton alter Schule,
den man nur bei Autoren wie Conan Doyle, Agatha Christie,
bei Arnold Bennett, Evelyn Waugh und wenigen anderen
findet, der heute, in der zeitgenössischen Literatur
ausgestorben zu sein scheint. Er steckt voller wortspielerischer
Ironie und verstecktem Witz. Nur so kann es gelingen,
eine ganze Palette von markanten Charakteren, Urbewohnern
der fernen irischen Atlantikküste auf wenigen Seiten
doch kraftvoll zu zeichnen. Diese Menschen sind rau
und ungeschliffen, erscheinen dem kontinentalen Leser
fremd und sind doch so menschlich: "
these
were strange people, different in their way of thinking
and in their slant upon life from the ordinary run of
simple Englishmen".
Mitten hinein in diesen Schlag ungehobelter
Klanmenschen verschlägt es Blake – "the
world-famous chess-composer and cryptologist" -
und Sprole, einen frisch gebackenen Erfolgspoeten. Man
möchte die Ruhe genießen, wandern, angeln
aber der erste Fisch, der Sprole an die Leine geht ist
die Leiche des Malers Strang, dessen unangenehme Bekanntschaft
man bereits auf Schiffs- und Bahnreise machen musste.
Erst als übereifrige Polizisten den armen Sprole
verdächtigen, entschließt sich der zurückhaltende
Blake den Fall im Alleingang zu lösen
with
his chessplayers eyes". Glaubhaft werden
dabei nicht nur persönliche Dramen entfaltet, sondern
auch bittere, kriegerische Stunden des Irisch-Englischen
Bruderzwistes wiederbelebt, alte Wunden aufgerissen
und – vor allem – zu heilen versucht! Blake
und Sprole agieren hier wie Holmes und Watson. Die biographischen
und stilistischen Parallelen sind zu offensichtlich
um sie verheimlichen zu können: Sproles der Erzähler,
die Militärzeit, die Verkleidungen, die Rollenverteilung,
der Witz etc. und was Holmes die Violine war, das ist
Blake das Schachspiel, die Schachkomposition, um exakt
zu sein. An ihm erholt er sich, an ihm erregt er sich,
es dient ihm auch, Lebenskränkungen zu verwinden:
"I picked up a chesspiece, fingering
the cool ivory outline. Yes, he said, understanding
my thought, that has helped. But the life of a
man is more difficult to compose than a chess-problem".
Überhaupt ist es das erste, was
der Leser von dieser interessanten Gestalt erfährt:
"By now the room was alive and leaping
in the firelight. There were chesspieces everywhere
and in the oddest attitudes: a heap of blank chess-diagrams
lay piled on a chair and had spilled over on to the
floor; technical journals and magazines lay wide-open
on the central table, exposing like spoiled tombs their
alien hieroglyphics; among these latter was set the
precious board, with squares inlaid of ivory and green
jade; which he had won in the Indian tournament the
year before. On this stood a pattern of pieces, Blakes
latest composition, a mate in three. And in the centre
of the opposite wall hung a framed drawing of Sam Loyd,
the Chaucer of the chess-problem.
Damit ist mehr geleistet als die bloße
Charakterisierung eines ungewöhnlich scharfen Kopfes
und kühlen Temperaments, denn es ist das Schach,
welches die Hilfestellung zur Lösung des verzwickten
Falles gibt und die entscheidende Türen öffnet.
Blakes großer Durchbruch gelingt beim örtlichen
Pfarrer, selbst ein Aficionado des Spiels. Als dieser
erfährt, dass der große Blake in seiner ärmlichen
Hütte steht – nur vom Sam-Loyd-Portrait geschmückt
-, werden ihm erstmals die Herzen geöffnet, Vertrauen
geschenkt und ein methodischer Weg gebahnt:
"If this mystery, this business
of the death of Strang, were a chess-problem, a baffling
problem, a good old-fashioned enigma by Sam Loyd, -
how would you set about solving it? – Faced with
such a problem, I should analyse the situation in order
to isolate the major pieces on the board. In all such
intricate problems, certain pieces emerge as the dominant
pieces in the interplay of forces.
Die stimmige Lösung des Rätsels
ist trotz allem überraschend. Sie besitzt dramatische
Größe.

Rutherford Watters: Murder in Three
Moves. Dublin 1960. 317 Seiten.
--- Jörg Seidel, 17.11.2004 ---
[1]
http://www.irishwriters-online.com/eugenewatters.html
http://www.pgil-eirdata.org/html/pgil_datasets/authors/o/OTuairisc,E/life.htm#OSnoddy
Dieser Text ist geistiges Eigentum von
Jörg Seidel und darf ohne seine schriftliche Zustimmung
in keiner Form vervielfältigt oder weiter verwendet
werden. Der Autor behält sich alle Rechte vor.
Bitte beachten Sie dazu auch unseren Haftungsausschluss.
|
|