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Ist Schach ein sauberer Sport?
"Who is
the most irritating opponent you have faced?" -
"I've played a few people who've used Tiger Balsam
to excess during the game, and discovered that there
are some smells that can literally knock you out at
such close distance."
Peter Swidler
Wer schon mal Rugby bei englischem Wetter
gesehen hat, der weiß, was ein dreckiger Sport
ist, und wer schon mal Wasserball spielte, der weiß,
was ein sauberer Sport ist; so porentief rein wie nach
einer Stunde Gewühle im Wasser wird man sich selbst
nach einer ausgedehnten Duschlektion nicht fühlen.
Dabei gehört es zu den contact-Sportarten, die
den non-contact-Sportarten, eben durch den körperlichen
Kontakt mit dem Gegner, an Sauberkeit von vornherein
unterlegen sind.
So gesehen dürfte das Schach zum
Inbegriff des sauberen Sports geworden sein, denn vom
anfänglichen und meist auch abschließenden
Handschlag abgesehen und vielleicht noch einigen ungewollten,
meist sanften Fußtritten, gibt es keine körperliche
Berührung, sollte es zumindest nicht geben. Aber
ist das Schach, aus rein hygienischer Sicht, tatsächlich
so sauber? Und kann man Kontakt nur als taktil definieren?
Allein schon der feuchtwarme Händedruck einer schwammigen
Pranke und deren psychisch-problematische Wahrnehmung
weist auf einen anderen Tatbestand hin.
Frauen haben einen ausgeprägt guten
Geruchssinn, besonders was den Duft anderer Frauen betrifft
und ganz besonders, wenn der eigene Mann diesen mit
nach Hause bringt - habe ich mir zumindest sagen lassen.
Ich bekomme das fast jede Woche einmal bestätigt,
dann nämlich, wenn ich völlig erschöpft
und doch meist beglückt, ausgelaugt und doch euphorisch,
die letzten Nachklänge des gemeinsamen Glücks
genießend, leise die Tür öffne, die
Schuhe ausziehe um die Familie nicht zu wecken, ins
Haus schleiche und dann doch bald hören muss: "Ach,
kommst Du wieder von deiner Leidenschaft? Und so spät!
Was habt ihr denn wieder gemacht so lange? Du riechst
ja wieder wie ein Moschusochse!" - "Ähm,
nichts, nichts, nur geblitzt
!" Dass wir uns
hier nicht missverstehen: Es handelt sich keinesfalls
um ein Quickie-Synonym.
Ja, sie riecht es, wenn ich vom Schach
komme, und nicht etwa den Kneipengeruch, der zwar ähnlich
untrüglich ist wie der des Schachs oder der Liebe,
sondern tatsächlich das Schachspielen. Man kann
Schach riechen!! Verantwortlich sind, so nennen
wir das, die "Schachhormone", die jede
intensive Partie unweigerlich freisetzt. Dabei handelt
es sich um einen typischen und einzigartigen Schweißgeruch,
der sich durch seine Penetranz deutlich vom normalen
Fußballschweiß unterscheidet. Jener ist
süßlich und weich, sehr wässrig, dieser
hingegen hart, säuerlich und ein bisschen aggressiv,
beißend gar, wenn er erkaltet und wiedererhitzt
wird, daher auch kaum durch kosmetische Behandlung zu
beseitigen. Im Gegenteil, ein ausgeprägter Schachduft
gepaart mit einem moosigen Deodorant macht jedermann
zum heimlichen Star eines Turniers, so zumindest ist
die Befürchtung, wenn die eigenen Ausdünstungen
in die Nase steigen, wenngleich ich beruhigender- und
beängstigenderweise bei meinem meist männlichen
Gegenüber oft ein ähnliches Phänomen
feststellen muss. Bei mehrrundigen Turnieren habe ich
es mir mittlerweile angewöhnt, die Wäsche
in den Spielpausen zu wechseln, was zumindest den Effekt
temporär verringert.
Aus ganz persönlicher Sicht ist
der Geruch nicht übel, fast angenehm, so männlich
irgendwie! Nur das schlechte Gewissen den anderen gegenüber
zwingt zu eindämmenden Maßnahmen. Denn umgekehrt
und ganz ähnlich dem berühmten Furz wird stets
nur der Gestank der anderen als unerträglich empfunden,
so sehr, dass er mitunter das Spielverhalten - nichts
wie weg hier! - beeinflussen kann. Schlechtgesinnte
Spieler mögen ihren Eigengeruch vielleicht sogar
liebevoll pflegen, um die Wirkung auf das andere Gemüt
wissend, so wie man das ja von notorischen Knoblauchfressern
her kennt - aber dazu später mehr.
Was
nun den Reiz dieses Odeurs auf das andere Geschlecht
ausmacht, so ist hier leider eine prinzipielle Wahrnehmungsänderung
zu beklagen. Haben sich urige bayerische Burschen noch
vor 150 Jahren mit ihren dreitägig getragenen Socken
eingerieben, bevor es zum Tanze ging - denn der eberhafte
Geruch wirkte als erotischer Lockstoff, wirkte sexuell
erregend auf ebenso urige bayerische Madeln, was diese
natürlich nicht wussten, aber trotzdem darauf hereinfielen
-, so darf man sich heutigentags bei einer derartigen
Maßnahme vor dem Eintritt in den Tanztempel seiner
Seelenruhe gewiss sein, denn nichts meidet der moderne
Mensch mehr als den animalischen Eigengeruch seines
Nächsten. Allein die Existenz einer so widernatürlichen
Erfindung wie das Intimspray sagt alles, wo doch jeder
gewöhnliche Straßenköter weiß,
wo es wirklich was zu schnuppern gibt. Auch dies ist
eine Form der Menschwerdung, sprich der Entfernung von
den natürlichen Wurzeln.
Jedenfalls ist nicht anzunehmen, dass
durch "Schachhormone" hervorgerufenes Arom
die Paarungschancen selbst innerhalb der Schachspielerinnenkreise
signifikant erhöhen würde, eher sollte das
Gegenteil zu erwarten sein. Eine ausgedehnte Dusche
vor jedem Match - meine Herren! - sollte daher zur Partievorbereitung
gehören, ganz gleich aus welchem Blickwinkel man
das betrachtet. Die eigene Note wird sich ohnehin bald
wieder durchsetzen, spätestens dann, wenn man erschrocken
bemerkt - erster Adrenalinstoß -, dass der andere
doch wieder besser aus der Eröffnung gekommen ist.
Unter uns Männern! Geruchsintensität
und Alter/Fettleibigkeit sind in der Regel direkt proportional,
genauso wie Alter/Fettleibigkeit und vitales Interesse
am anderen Geschlecht indirekt proportional sein sollten.
Auf gut Deutsch: Auch Alter und Fettleibigkeit kann
man riechen, gepaart mit Schachmiasmen umso deutlicher.
Daher die Erinnerung an alle Alten - das sind, ganz
kleine Regel eigentlich, alle die älter sind als
ich selbst: Das mit dem Duschen gilt vor allem für
Sie! Ja, Sie! Davon abgesehen: Keiner ist zu jung dafür.
Und hinsichtlich der zweiten Komponente, kommt's doch
am Lebensabend nicht mehr ganz so drauf an, oder?
In den weisen Worten Woody Allens: "Ist
das hohe Alter wirklich so schrecklich? Nicht, wenn
man sich gewissenhaft die Zähne geputzt hat."
Gewarnt sei allerdings auch vor dem gegenteiligen
Fehlschluss: Dass man als geruchliche Litfasssäule,
die die künstliche olfaktorische Identität
wie die neueste Nachricht marktschreierisch vor sich
herträgt, dass man als parfümiertes Wunder
der Mitwelt ein Gutes tue. Aftershave, Deodorant, Eau
de Cologne, Eau de Toilette, Cremes, Salben und Puder,
Duschbad, Lotion, Kernseife, Gesichtwasser usw., alles
gut und schön, aber nur in Maßen! Bitte!
Nach den natürlichen Stinktieren sind die artifiziellen
skunks das zweite große Hindernis eines ungetrübten
Schachabends. Überhaupt muss man sich fragen, was
Menschen, die sich täglich und öfter duschen
um sich danach noch einzudieseln, für eine schlechte
Meinung von sich haben; der wirkliche Dreck, den wir
an unsere Haut heranlassen, ist doch der ganze Chemoscheiß!
Nachgewiesenermaßen ist der Ausstoß
der "Schachhormone" während der Partie
durchaus nicht gleichmäßig, er ändert
sich qualitativ und quantitativ während der verschiedenen
Partiephasen. Das ist wissenschaftlich bewiesen worden
und mehrfach bestätigt - von mir und meinem Kaugummi!
Apropos Kaugummi.
Mundgeruch ist, so glaube ich, das schlimmste aller
Übel! Wir alle haben damals Salman Rushdie gelesen,
aber das einzige was in Erinnerung blieb, das war der
höllische Gestank aus Gibril Farishdas Maul. So
ist das: Mundgeruch bleibt unvergesslich!! Dabei wäre
er so einfach zu verhindern. Allerdings nicht mit Hilfe
von Zigaretten, Zwiebel oder Knoblauch, wie einige "Schachfreunde"
noch immer zu glauben scheinen.
Man kann die Menschen, die unter Mundgeruch
leiden, in zwei Klassen unterteilen: jene, die tatsächlich
leiden, und jene, die leiden lassen. Ich wünsche
niemandem etwas Böses, aber preise alle, die darunter
leiden, sprich, die sich des Problems gewärtig
sind und dagegen ankämpfen. Wozu Mutter Natur den
Mundgeruch geschaffen hat, wird auf ewig ein Rätsel
bleiben, denn der einzige evolutionäre Vorteil,
den man sich vorstellen kann - allerdings ist dabei
nicht ganz klar, wie dies zur Arterhaltung beitragen
soll - ist die garantierte Ungestörtheit der Intimsphäre,
oder anders gesagt: die Einsamkeit. Solange diese wichtige
Frage noch nicht restlos geklärt ist, kann ein
vernünftiger Mensch nicht an die Evolution glauben.
Nichts ist grausamer im Schach, als gegen
einen dicken, heftig schnaufenden Gegner antreten zu
müssen, der seine Verdauungsprobleme als Fahne
öffentlich herumträgt und mit jedem Luftzug
kundtut: "Leute, meine Mund- oder Darmflora ist
nicht in Ordnung und das tut mir überhaupt nicht
leid." Dabei ist es keinem gestandenen Schachmaniaken
ein Geheimnis, dass der unreine Odem im Laufe einer
Partie spürbar zunimmt. Bei derartigen Gegnern
tendiere ich zu waghalsigen Gambitspielen oder Tricksereien,
deren Verwicklungen leider meist unübersehbar werden
und umso länger ans Brett fesseln. Dabei gibt es
einige einfache Grundregeln zu beachten, wenn man sich
diese Art von Aufmerksamkeit nicht zuziehen will.
Erstens: Nicht auf nüchternen
Magen spielen! Ein leerer Magen ist die Bruthölle
giftiger Dämpfe und stößt sie aus
wie feurige Vulkane giftige Schwefeldünste.
Zweitens: Auf keinen Fall auf
leeren Magen Kaffee trinken! Kaffeeexhalationen sind,
ebenso wie beim weißen Wein, immer unangenehm,
umso mehr, wenn sie aus der leeren Giftküche
schwelen.
Drittens: Ganz klar, Zähne
putzen! Und möglichst vor dem Spiel, das hat
den positiven Nebeneffekt, dass dein Spielpartner,
den du beim Handschlag freundlich anlächelst,
nicht die Speisereste zwischen deinen Zähnen
sehen muss.
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Der vorbildliche
Schachspieler
wenige Minuten vor der Partie.
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Viertens: Kaugummi kauen!
Hier gibt es freilich einiges zu beachten
und damit zurück zum wissenschaftlichen Selbstversuch.
Ich gehöre zu den überzeugten Kaugummiessern
(aber nur ohne Zucker!). Wichtig ist dabei die Dezenz
der Ausführung. Lautes Schmatzen und Katschen oder
gar das Knallenlassen von Kaugummiblasen (was im Zustand
geistiger Abwesenheit allerdings schon mal passiert),
sollte unbedingt unterlassen werden und zählt ohne
Zweifel zur umweltverschmutzenden Lärmbelästigung.
Ansonsten ist gegen einen Minzekaugummi, von gelegentlich
gezogenen Plomben abgesehen, wirklich nichts einzuwenden,
mehr noch, er sollte zur Grundausrüstung eines
jeden Turnierspielers gehören. Aber Vorsicht, man
sollte vor dem Gebrauch wissen, wie der Gummi auf den
Verlauf des hitzigen Geschehens reagiert, genau gesagt
auf den ungleichmäßigen und mitunter ruckartigen
Ausstoß von Hormonen, Enzymen und Fermenten. Normale
Wrigley's neigen im Mittelspiel zu Verhärtungen
und können Krämpfe der Kiefernmuskulatur verursachen.
Um Verspannungen zu vermeiden sollte man den Atemgummischutz
in dieser Phase diskret (ich empfehle ein Taschentuch)
entfernen und gegebenenfalls erneuern. Eine halbe Stunde
kaugummifreie Zeit ist allerdings erlaubt, bis dann
erste bittere Geschmackswahrnehmungen im Rachenraum
auf das Grundproblem wieder aufmerksam machen. Am wichtigsten
aber ist die entscheidende Phase, in der sich das Spiel
endgültig zum Endergebnis neigt, ganz gleich ob
Verlust, Gewinn, Remis. Diese Phase sollte aus Sicht
des Kaugummis möglichst um zwei drei Züge
antizipiert werden - Katscher raus! Wenn das Spielgeschehen
nicht genügend Anhaltspunkte gibt, dann kann ein
Blick auf die Uhr hilfreich sein. Zeitnotphasen brauchen
keinen Kaugummi, schon aus Sicherheitsgründen,
da zu aufgeregtes Kauen oft zu schmerzhaftem Zungen-
oder Lippenbiss führt. Der Moment jedenfalls, in
dem die Spannung sich definitiv legt, in dem man tiefinnerst
überzeugt ist, den Partieausgang zu wissen, der
zur sofortigen inneren Ruhe führt, den Teenager
als "besser als einen Orgasmus" beschreiben
würden, ist zumeist mit einem Ausstoß riesiger
Mengen an Enzymen in der Mundhöhle verbunden, die
unweigerlich des besten Kaugummis Todesglöcklein
läuten und einen irreparablen Zersetzungsprozess
initiieren. Dieser emotionalen Macht ist kein nahrungsmittelchemisches
Produkt gewachsen, innerhalb weniger Sekunden verliert
es seine Konsistenz und löst sich schicksalhaft
in seine Einzelbestandteile auf, wobei er, wegen der
aufgeschäumten Spucke, an Volumen zunimmt. Dies
ist sehr sehr unangenehm. Es kann sogar zum Brechreiz
führen. Sofortige Entsorgung des Breis ist unabdingbar,
der Gang zur oftmals weit entfernten Toilette ein Muss,
oder aber, für die Hartgesottenen und wenn die
Zeit dazu nicht mehr vorhanden sein sollte: runter mit
dem Zeug.
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Sollten eine natürliche Symbiose bilden: frische Airwaves und Schach
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Trotz aller Risiken und Nebenwirkungen
(exzessiver Verbrauch wirkt abführend), der faire
und verantwortungsbewusste Schachspieler, insbesondere
wenn er zur bedauernswerten Kategorie der Mundgeruchträger
zählt, darf sie nicht scheuen.
Ein weiterer ganz wichtiger Punkt ist
die Bekleidung. Leider scheinen auch hier ältere
Herrschaften eher zur Nachlässigkeit zu neigen.
Insbesondere wenn sie
a)
Engländer [1], mit
Verlaub
b) sehr dick oder
c) beides sind.
Möglicherweise haben einige dicke
Menschen die Selbstachtung schon so weit verloren, dass
sie es nicht mehr für nötig erachten, auf
ihr Äußeres zu achten und als Schachspieler
schon gar nicht, denn als solcher darf man sich kleine
Geistesabwesenheiten wohl mal erlauben. Jeans, die fast
stehen vor Dreck, ein löchriges altes T-Shirt,
garantiert nabelfrei und eine behaarte Speckwulst stolz
präsentierend, auf dem unter den Achselhöhlen
dicke Ränder von früheren Schachschlachten
ebenso Zeugnis ablegen wie verschiedenste Speisereste
- bevorzugt italienische Küche auf englische Art
(Rot-Ketchup, Weiß-Mayo, Fettflecken) - von Schlachten
am Büfett [2], dunkle
Flecken unterhalb des Ortes, wo die Kundalinischlange
wohnt, die auf regelmäßige taktile Kontrolle
- ob noch alles da ist - hinweisen, öliges ungewaschenes
Haar, abgeknaupelte und doch schmutzrandige Fingernägel,
nikotingefärbte Finger, ein ungepflegter Bart,
manchmal noch ein speckiges Base Cap, stinkend wie ein
Zoopuma, all dies und noch viel mehr haben einige Schachspieler
in offenen Turnieren, bevorzugt Kategorie B und C, zu
bieten. Man kann sich vorstellen, wie ich innerlich
juchzte, als ein derart zu beschreibender Gegner mit
fuchsigem Geruch doch tatsächlich auf meine "Falle"
- wie gesagt, man neigt dann zu Alles-oder-Nichtsvarianten
- hereinfiel und schon in der Eröffnung eine ganze
Figur verlor, nach
1.e4 |
c6 |
2.d4 |
d5 |
3.Sc3 |
dxe4 |
4.Sxe4 |
Sd7 |
5.Lg5?! |
h6?? (Haha!) |
und wie böse meine Hoffnung
auf eine baldige, wenn nicht umgehende Aufgabe bestraft
wurde, denn als wolle er sich für eine begangene
Untat rächen, ließ er sich das forcierte
Matt in 30 Zügen und zwei Stunden purer Pein doch
tatsächlich vorführen. Dieser Stinker!
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Zusammen
mit einem englischen Schachfreund:
über die Schönheiten im Schach diskutierend
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Dass Schach selbst ein gewisses Gesundheitsrisiko
mit sich bringen kann, zeigt nicht nur die Herzinfarktstatistik,
sondern wird jeder persönlich bestätigen können,
der sich dem feuchten Auswurf eines Hustenden oder Niesenden
schon einmal wehrlos ausgesetzt fühlte. Der sportliche
Ehrgeiz mancher Fanatiker verführt sie zu dem Trugschluss,
dass es sich um eine Geste der Fairness handele, wenn
man sich dem Kampf am Brett in jeder Lebenslage stellt;
dem ist aber nicht so! Man mag für Tony Miles Verständnis
haben, als er sich aufgrund von Rückenproblemen
liegend Kortchnoi stellte und diesen aus vorteilhafter
psychologischer Position heraus auch besiegte, denn
immerhin sind Rückenverspannungen nicht ansteckend,
bei Viruserkrankungen sollte dagegen auf den Einsatz
verzichtet werden.
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Tilburg
1985
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Weit weniger gefährlich, aber nicht
minder unangenehm ist eine andere weit verbreitete Unsitte,
und diesmal können die Frauen nicht ausgeschlossen
werden, sind es doch vor allem sie, die dazu tendieren,
während der Partie die Schuhe auszuziehen. Die
Geruchsbelästigung mag sich, von wenigen wirklichen
Extremfällen abgesehen, meist in Grenzen halten,
da es in der Regel nur der erste Schwall ist, den man
bemerkt, aber die psychologische Wirkung ist nicht zu
unterschätzen. Mir jedenfalls geht es immer so,
dass ich permanent an die nackten Füße unter
dem Tisch denken muss und dies die Konzentrationsfähigkeit
wesentlich beeinträchtigt.
Die
biologische Überlegenheit der Frau beweist sich
am besten im Fakt, dass sie meist vom altersbedingten
Haarausfall verschont bleibt. Auch aus dieser Sicht
ist es zu bedauern, wenn noch immer kaum Frauen ans
Brett finden, denn für uns erhöht sich damit
signifikant die Wahrscheinlichkeit, einem Gegner gegenüberzusitzen,
der seinen Kopf zum Haarschneiden nicht mehr
braucht: sie fallen von allein, aber nicht ganz allein
- meist leisten Schuppen ihnen noch Gesellschaft. Da
es sich hier ausschließlich um Probleme der Männlichkeit
handelt, unternehmen davon betroffene Spieler nicht
selten während der Partie den Versuch, das Corpus
delicti mit keckem Finger vom Brett zu wischen und seltsamerweise
fast immer während der Bedenkzeit des Gegners.
Man selbst traut sich dies ja meistens nicht, da es
sich um einen Eingriff in die Intimsphäre handelt
und man dem anderen nicht das offensichtliche Problem
mitteilen will oder es nicht wagt. Vor allem Karpow
zeigt auffallend häufig diese Bewegung: Ob Toljas
Tolle, die ohnehin meist aussieht, als wäre sie
mit Gel behandelt (ist sie aber nicht!), da einiges
zu wünschen übrig lässt? Vielleicht wäre
ein fesches Haarnetz die Lösung für ihn gewesen,
auch um sich gegen Kasparows Gesichtsverzerrungen zu
wehren? Doch das wäre schon wieder ein neues Thema
--- Jörg Seidel, 22.08.2002 ---
[1]
Engländer meint den Typus, nicht die Nationalität,
und um ehrlich zu sein, so viele Engländer wie
in Deutschland gibt's nur noch in England selbst.
[2] Um nicht sofort als
Deutscher erkannt zu werden, ziehe ich mir beim Schach
meinen Garagenpullover über, mit dem ich sonst unter
dem Auto liege. Dies gelingt immer solange, bis ich
das für die deutsche Zunge unaussprechbare Wort "vulnerable"
ausspreche.
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