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Paläoanthropologische
Untersuchungen oder
Boris Becker und das Bum-Bum-Schach
- Teil 1 -
Womit verdient ein Anthropologe seine
Brötchen? Und was treiben die Paläontologen
da in den Weiten Zentralafrikas? Sie graben, sie suchen
und wenn sie etwas finden, so grenzt es an ein Wunder,
denn riesige Flächen werden abgegrast – ein
unpassendes Wort für die Suche in der Wüste.
Als ob das nicht schwer genug sei, suchen sie auch noch
das nahezu Unsichtbare, nichts was da golden glänzt
oder in diamantenem Scheine strahlt, sie suchen ganz
ordinäre Steine, die man aufschlagen kann, denn
in jedem millionsten oder so, ist ein prähistorischer
Abdruck versteckt, und sie suchen Knochen. Davon gibt
es bekanntlich jede Menge, gehörnte Rinderschädel
gehören, glaubt man dem gängigen Klischees,
in die Landschaft wie einst der Baum in den mitteleuropäischen
Wald, und verdorrte Menschenskelette soll es an der
Zahl geben. Wenn der Verschiedene keinen "Eastpak"
Rucksack trägt, dann werden sie aufgeregt, Heureka-Rufe
durchhallen die Weiten, Zelte werden aufgeschlagen,
ein paar hundert Schwarze gedungen und in monatelanger
mühevoller Kleinarbeit wird man die Erde durchsieben
und schauen und schauen und schauen, irgendwo da unten
im Olduvai. Einer glaubt nach sieben Wochen einen Zahn
gefunden zu haben, der andere steuert noch im selben
Jahr ein drei Zentimeter großes Knochenstück
dazu, lassen wirs noch ein Steinspitzchen sein,
und das reicht in der Regel auch schon, um eine neue
Spezies zu entdecken, ein neuer homo pithecus, habilis,
erectus, robustus oder nicht, ist geboren – wenn
der Euphemismus erlaubt sei. Ouvertüre:
Strauß. Also sprach Zarathustra. Da wird nun vermessen,
verglichen, bestrahlt, wird gebohrt, analysiert und
gefilmt und ich gehe jede Wette ein, daß die sogar
an dem Zahn lecken. Ja, solche Wunder vollbringt die
Wissenschaft: es dauert nicht lange und der wissbegierige
Zuschauer darf sich an einem vollkommen rekonstruierten
Skelett erfreuen, man belehrt ihn, wie groß, welchen
Geschlechts der alte Affe war, was er fraß, woran
er starb und mit viel Glück versteigt sich ein
phrenologisch gestimmter Galljünger der Universität
Tel Aviv oder Kairo dazu, uns ein computergeneriertes
Gesicht zu präsentieren, bärtig, mit wulstigen
Lippen, grimmig dreinschauend, aber doch irgendwie niedlich,
wenn nicht gar sexy. Das ist Wissenschaft, jene Leidenschaft
also, um einen alten Gassenhauer Schleiermachers zu
paraphrasieren, die mit Leiden sucht und vermeintlich
Wissen schafft. So ist es nun mal beschaffen, unser
ach so beeindruckendes Wissen. Wir haben die Lektion
gelernt und bedienen uns besagter Methode mit absolut
ruhigem Gewissen, um so mehr, da uns ein gut erhaltenes
Photo eines menschlichen Exemplars vorliegt. Nicht Lucy,
nein, Boris ist sein Name. Ein Buch wurde über
ihn geschrieben, noch lange vor seiner Besenkammerzeit,
darin dieses Bild, dem unsere Aufmerksam gilt. Natürlich
wird uns niemand auf der Welt zwingen können, dieses
Buch zu lesen und um zu erforschen, was es hier zu erforschen
gibt, ist dies auch nicht notwendig, denn wir arbeiten
wissenschaftlich, sprich, wir rekonstruieren aus Nichts,
aus So-gut-wie-Nichts, ein Etwas, wir machen aus Stroh
Gold.
Der Mann heißt Boris, wie gesagt,
der Buchumschlag zeigt ihn uns auf zwei Beinen stehend
– also schon erectus oder was? – zum Kampf
entschlossen zeigt er seine Zähne, die geballte
Faust gen Himmel gereckt. Der Mann heißt Becker
und Günther Bosch hat ein Buch über ihn geschrieben.
Es erschien 1986, ist sage und schreibe 240 Seiten dick,
Großformat wohlgemerkt. Günther Bosch ist
der Trainer Boris Beckers. Tun wir nicht weiter so,
als kennten wir den Mann nicht: es ist unser Boris,
Bum-Bum-Boris. Schlagen wir unwillkürlich Seite
63 auf. Da ist das Bild. Betrachten wir es nun in aller
Ruhe, so als wäre es ein alter Knochen.
Ja, es ist wahr: Boris spielt Schach!!
Einer mehr, der unserem göttlichen Spiel frönt,
nicht nur Goethe, Schopenhauer und Otto Schily, nein,
auch Boris reiht sich ein und wir wissen noch nicht,
ob er das Spiel adelt oder das Spiel ihn. Nachdem die
erste Freude verflogen ist, wollen wir dieses Bild nun
untersuchen und zu deuten versuchen, immer noch so tuend
als wären wir Forscher am Tanganjikasee. Was ist
zu sehen: Zwei Herren (Boris und Bosch), ein Schachbrett,
eine Schachuhr, Figuren. Das übliche Interieur
also. Und trotzdem, irgend etwas stimmt da nicht. Lassen
wir die billige Unterlage mal unbeachtet – nur
Pedanten fragen: Kann sich Boris denn kein ordentliches
Spiel leisten? Welch seltsame Figuren? Läufer,
König und Dame sind schwer auseinander zuhalten.
Vor allem aber: Was macht er da? Mit seinen beiden Händen?
Das sind doch König und Dame, was er da greift.
Das ist ungewöhnlich und wohl auch gegen die Regel.
Wie lässt sich das erklären? Eine borisfreundliche
Erklärung wäre es sicherlich, wenn der Fotograf
ihn gerade dabei erwischt hat, die Figuren richtig aufzustellen.
Das passiert hin und wieder sogar erfahrenen Turnierspielern,
dass sie während der Partie Dame und König
auf die richtigen Plätze umgruppieren müssen,
weil sie ein Schacheleve möglicherweise falsch
aufbaute. Es scheint, als halte Boris den König
– die voluminösere Figur – in der rechten
Hand. Wäre dies der Fall, dann stünde Trainer
Boschs König auf d8, die Dame auf e8. Dem müsste
ein seltsames Manöver vorhergegangen sein. Die
boriskritische Interpretation hingegen sieht ihn gerade
eine ungewöhnliche Rochade machen: mit Dame und
König. So etwas ähnliches (lange Rochade mit
Dame und Turm) soll selbst Aljechin im Simultanspiel
schon passiert sein, wir wollen es also verzeihen.
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Aljechin –
Unamuno (Salamanca 1944); Weiß zog im 11.
Zug "den vielleicht originellsten Zug seiner
brillanten und langen Karriere": Lange Rochade
mit Turm und Dame (Tac1 und Db1) – Aljechin
musste den Zug zurücknehmen und den Turm ziehen:
Schwarz gewann in 39 Zügen. [1] |
Die Bildunterschrift gibt uns weitere Informationen:
"Kopftraining", steht da, "Schach gehört
zur Match-Vorbereitung. Wir spielen Weltmeisterschaftspartien
nach. Karpow gegen Kasparow. Boris ist ein defensiver
Spieler. Spaß haben wir auch am Power-Schach.
Bum-Bum, Zug um Zug." (63) Leider bringen diese
Worte kaum Licht in das Dunkel, die Fragen häufen
sich eher. Ist dies also eine Weltmeisterschaftspartie?
Wozu dann aber die Uhr? Beide Spieler haben noch 5 Minuten,
Beckers Uhr läuft, er ist am Zug. Aber spielt man
so eine WM-Partie nach, nach Zeit? Und warum sollte
man beim Nachspielen defensiv sein? Die Wege des Herrn
sind unergründlich, also warum nicht. Betrachten
wir die Stellung. Der schwarze Turm auf h7 mutet sofort
seltsam an, aber wer weiß schon, was in den Köpfen
der beiden Weltmeister vorgeht. Großmeisterschach
heutzutage scheint allen Gesetzen, die Steinitz und
Tarrasch einst entdeckten, zu widersprechen. Erst kürzlich
sah ich eine Partie zwischen Kupreichik und Sokolov,
die ging so:
1.e4 |
c5 |
2.Se2 |
d6 |
3.g3 |
h5 |
4.d4 |
h4 |
5.dxc5 |
Lg4 |
6.gxh4 |
Sc6 |
7.cxd6 |
exd6 |
8.Lf4 |
Dxh4 |
9.Sbc3 |
Lxe2 usw. |
Wie soll man da den Kindern noch Eröffnungsregeln
beibringen, wenn die Großen des Schachs sich an
keine mehr halten. Das ist, als würde man vor einer
brav wartenden Unterstufenklasse bei Rot über die
Kreuzung gehen, das ist fahrlässig wenn nicht kriminell.
Wahnwitzige Stellungen sind also noch kein hinreichendes
Argument gegen hochklassiges Schach.
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Dies scheint
die Stellung auf dem Brett zu sein.
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Der Läufer auf b3 beunruhigt, denn b3 ist ein
weißes Feld und auf Weiß steht bekanntlich
schon der Läufer f1. Also doch eher so:
Eine zumindest mögliche Stellung.
Da Dame und König nicht leicht zu unterscheiden
sind und die beiden Spieler möglicherweise ebenfalls
Probleme damit gehabt haben könnten, müssen
wir hier weitere Varianten einrechnen, selbige Stellung
nämlich mit 1. Ke1 Dd1 – Ke8 Dd8 2. Kd1 De1
– Ke8 Dd8 3. Kd1 De1 - Kd8 De8.
Vermutet wird eine dieser Stellungen als eine im WM-Kampf
erspielte. Da das Buch 1986 erschien, können wir
Sevilla 1987 und Lyon 1990 beruhigt außer Acht
lassen, es bleiben die Wettkämpfe von 1984/85 (Moskau
10.9. 84 – 15.2.85, 48 Partien, 5 zu 3 für
Karpow nach Abbruch), jener legendäre nicht enden
wollende Marathon, dessen Abbruch die Wurzel für
Kasparows Trennung von der FIDE darstellt, der Wettkampf
1985 (Moskau 2.9. – 9.11.85, 24 Partien, 11 zu
13 für Kasparow) und der Revanchekampf 1986 (London
und Leningrad 24 Partien 28.6. – 8.10.86, 12,5
zu 11,5 für Kasparow). Macht summa summarum 96
mögliche Partien; eine davon ist, wenn wir dem
Text vertrauen, hier auf dem Brett. Wenn es der Wahrheitsfindung
dient, werden wir die Partien nachspielen müssen
...
... zwei Monate später.
Was zu erwarten war: keine der 96
in Frage kommenden Partien wies eine auch nur ähnliche
Stellung auf, in keiner landete der schwarze Turm auf
h7 und selbst Sa6 kam nicht vor. Wir müssen folglich
zu dem Schluss kommen, dass das, was die beiden auf
dem Bild machen, nicht mit weltmeisterlichen Ehren geschmückt
werden kann. Also stützen wir uns weiterhin auf
vorhandene Materialien, analysieren wir weiter das Bild
und suchen nach zusätzlichen Textfetzen. Ich überfliege
die Seite, schnappe etwas Unappetitliches von "Blutblasen
an den Füßen" auf, von "Mittelklassehotels",
etwas von "Massagesalbe" und "Killer-Instinkt"
und davon "den Gegner zu vernichten"... Halt!,
das ist vertrautes Vokabular, das kennt man von Kasparow
nicht anders. Sind die etwa alle so?
Und tatsächlich im Text wird noch
einmal zum Schach Stellung genommen [Hervorhebung J.S.]:
"Ion schottet uns ab. Boris und ich leben in
einem Vakuum (sic!). Da ist sein Zimmer, ich
räume es auf. Hemden, Trainingssachen, Socken,
Schläger, Massagesalben, seine Kassetten, sein
Walkman, die Jeans, alles liegt durcheinander. Auf
dem Tisch steht unser Schachspiel. Die Hotelzentrale
ist angewiesen, kein Gespräch durchzustellen.
Ion wacht über uns. Ich habe es gern, wenn wir
vor Matches Schach spielen. Schach zwingt dazu, über
zwei drei Züge hinauszudenken. Ich versuche
Boris zu überzeugen, dass das Leben nicht nur
in der Gegenwart stattfindet. Leben heißt
nach vorne zu sehen. Boris ist im Schach inzwischen
besser als ich. In unserem Dreiergespann spielte anfangs
ich das beste Schach, dann kam Ion, dann Boris. Heute
ist Boris der beste, dann ich, dann Ion. Wir spielen
nur kurz Schach. Nach zehn Minuten fegt Boris die Figuren
vom Tisch. Anders Jarryd stört unser Denken, er
ist unser nächster Gegner." (62)
Demnach befinden wir uns im Hotelzimmer
von Boris, aber mal ehrlich, sieht so ein Hotelzimmer
aus, noch dazu in einem Mittelklassehotel in Chicago?
Nein, das lassen wir uns nicht einreden, vielmehr erkennen
wir die Lounge oder einen Gastraum in einem (deutschen?)
Restaurant, mit mehreren Tischen und Kleiderständer.
Und beachten Sie das grelle Licht, die harten Schatten!
Das ist kein beliebiger Schnappschuss, da steht ein
professioneller Photograph mit aufwendiger Belichtung
und wenn das stimmt, dann müssen wir damit rechnen,
eine mehr oder weniger gestellte Szene zu beobachten.
Daran ändert auch nichts, dass Trainer Bosch uns
einreden will, Boris dürfe beim Schach nicht durch
Telefonate gestört werden. Da sitzt er nun, der
Gute, in sich versunken und vor sich hinlächelnd
und in kaum 5 Minuten wird er die Figuren vom Brett
wischen? Das nenne ich nicht, zwei, drei Züge vorausgedacht,
sondern das ist ein einzügiger Black out, Jarryd
hin, Jarryd her. Und von wegen defensiver Spieler.
Und überhaupt, was ist Power-Schach?
Man kennt Problem-, Protest– oder Prohibitivschach,
aber von Powerschach wissen die gängigen deutschsprachigen
Schachlexika nichts. Auch die Zillion
CD weiß keinen weiteren Rat zu geben. Erst
eine Anfrage bei http://www.chessvariants.com/
brachte ein Ergebnis:
Dear Jörg,
While there may very well be more than one game known
as Power Chess, we have a link to at least one game
of that name:
http://www.chessvariants.com/link2.dir/powerchess.html
I hope this is the one you are looking for.
Best Regards,
Peter Aronson
Nehmen wir es vorweg, es ist nicht dasjenige nach dem
wir Ausschau hielten, aber es ist interessant genug,
um es hier kurz vorzustellen [2].
Erfunden hat es Gerd P. Degens und wie er auf die Idee
kam, das schrieb er mir:
"Zum Spiel "PowerChess"
kann ich soviel sagen: Die Idee kam mir buchstäblich
im Schlaf. In diesem Dämmerzustand habe ich ein
Schachbrett gesehen, das im Mittelbereich verzerrt
war. Am anderen Morgen habe ich der "Vision"
mit PowerPoint Leben eingehaucht und im Verlauf der
kommenden Wochen "Weichen" und "Transferfelder"
ersonnen und hinzugefügt. Nach meinem unmaßgeblichen
Eindruck ist ein Brett entstanden, das die Abläufe
des Normalschachs nur geringfügig verändert,
dagegen eine harmonische Ergänzung/Erweiterung
der Spielmöglichkeiten – insbesondere im
Endkampf mit Verlagerung von der Mitte zu den Seiten
– darstellt.
Das Spiel ist 1996 entstanden und
seinerzeit als "Deutsches Geschmacksmuster",
Aktenzeichen M96 02 331.7 unter der Bezeichnung "Brettspiele"
– Urkunde über die Eintragung in das Musterregister
München 4.11.1996 - patentiert worden (veröffentlicht
im Geschmacksmusterblatt am 10.1.1997). Soviel zu
den Formalien.
Im Verlauf habe ich dann PowerChess
Spieleverlagen angeboten, die aus verständlichen
Gründen die kurzfristigen Vermarktungschancen
im Auge hatten und daher kein Interesse zeigten."
Die Idee scheint recht originell zu sein,
denn anstatt Regel oder Figuren zu verändern, wie
man das von den meisten Abarten des Schachs kennt, wird
hier die dritte Größe, das Brett berücksichtigt.
Es sieht wie folgt aus:
Wer Interesse an diesem Spiel hat, der
melde sich am besten bei Herrn Degens selbst, der sehr
aufgeschlossen ist und sogar mit Spielbrettern aufwarten
kann. (Gerd P. Degens E-Mail Adresse: nc-degensge@netcologne.de)
Eine weitere Adresse war in den Vereinigten
Staaten auszumachen, leider kein Kontakt herzustellen:
powerchess@usa.net
Sei es wie es sei, mit unserem Boris
hat das offensichtlich alles nichts zu tun.
Schluss damit! Hauen wir uns nicht
länger die Taschen voll! Alles bedacht, stellt
sich die Szene für mich so dar: Günther Bosch
will ein Buch über den viel versprechenden jungen
Star Boris Becker schreiben. Da müssen viele Photos
rein und immer nur Tennis-, Hotel oder Preisverleihungsszenen,
das reicht nicht. Mädels, hübsche Mädels,
ja, das wäre was, aber woher nehmen und mehr als
ein Photo mit der Navratilova ist einfach nicht drin
("Wenn Martina Navratilova ein Kleid anhat, ist
sie eine bezaubernde Frau."; S.170). Gemeinsam
betreten sie also den Gästeraum eines neuen Hotels,
der Photograph ist dabei um später ein paar brauchbare
Bilder in der City zu machen. Vielleicht steht da ein
Schachbrett auf einem der Tische, vielleicht haben sie
tatsächlich eins im Gepäck, jedenfalls kommt
Günther Bosch auf die Idee ein Schachfoto schießen
zu lassen. "He, Boris" ruft er. Boris, die
Kopfhörer auf dem Kopf hört nichts und trällert
gerade den neuesten Madonnahit vor sich hin. "Boris,
hör doch mal zu", wird der Trainer lauter.
"He?", fragt Boris genervt, "Was is denn?"
– "Komm, wir machen schnell ein Photo. Wir
beide spielen Schach! Was hältst Du davon?"
Ein kurzer Seitenblick zum Photographen bestätigt
den Trainer, der Mann ist dabei. Gemeinsam beackern
sie den Jungstar. Seine Einwürfe: "Aber ich
kann doch gar nicht Schach spielen", werden professionell
abgetan. "Das ist doch egal, Boris, das kriegt
doch keiner mit. Und außerdem hast Du mir doch
mal gesagt, Du hättest früher mit deinem Vater
gespielt". "Ja", antwortet der erfolgsverwöhnte
Teeny, aber da hab ich immer nur Schäfermatt gespielt,
oder wie das heißt, der hat das nie kapiert. Das
war geil.." Na siehste", beharrt der Coach,
"das ist geil. Komm, nimm mal die Dinger von den
Ohren und setz Dich jetzt hier her. Wir rücken
nur ein paar Figuren, machen ein Bild und den Rest mache
ich dann schon. Mir werden schon ein paar treffende
Worte einfallen. Oder warte, wir spielen eine kurze
Partie, das sieht echter aus, nur fünf Minuten
jeder ... wie heißt das doch gleich? Donnerschach?
Kraftschach, ah, Powerschach"[3]
usw. Schließlich lässt Boris sich überreden,
der Walkman liegt verräterisch auf dem Nachbartisch
und sie schreiten zur Tat. Bum-Bum geht es, Zug um Zug,
Power-Schach eben.
Und wozu das Ganze?
Fragen Sie doch erst einmal einen Paläontologen!
Das ist schließlich Wissenschaft!
(Günther
Bosch: Boris. Ullstein Verlag. Frankfurt/Berlin 1986)
--- Jörg Seidel, 22.01.2002 ---
Lesen Sie auch den 2. Teil dieser
Reihe: "Schattenboxen - Das
Schach und die Promis"
[1]
Kingpin 16, Winter 1990, S. 27
[2] Möglicherweise
handelt es sich um "POWER CHESS" von D. Troullion,
aus dem Jahr 1953, worüber D.B. Pritchard in: "The
Encyclopedia of Chess Variants" (Games and Puzzles
Publications. Surrey 1994) berichtet.
[3] gemeint ist natürlich
Blitzschach
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